Ausgabe Januar 1996

UN-real

Erfolgsbedingungen der Vereinten Nationen

Die Weltpolitik befindet sich im Umbruch. In dessen Folge haben sich die Existenzbedingungen von Staaten und internationalen Organisationen verändert. Aus den Zwängen der bipolaren Weltordnung befreit, könnte die Vereinten Nationen beispielsweise als eine Art Weltregierung die globalen Probleme aufgreifen, meinen einige Beobachter. Wer sonst sollte für Menschheitsprobleme zuständig sein, wenn nicht die Menschheit selbst? Und ist die UNO nicht deren vornehmste Vertretung? Aber: Sind die Globalisierungstendenzen nicht nur fallweise und dann meistens halbherzig aufgegriffen worden? Menschenrechts-, Klima-, Frauen, Bevölkerungs- und Sozialkonferenzen – ihnen allen ist gemeinsam, daß die Probleme viel größer sind als die institutionellen Mechanismen und daß die meisten Teilnehmer sehr unterschiedliche Interessen verfolgen.

Wer anders aber wäre in der Lage, das spürbar gewordene Defizit aufzufüllen und den Kern einer über nationale Grenzen hinausreichenden Verantwortungsgemeinschaft zu bilden? Wer anders könnte Wertverteilungen legitimieren, ohne in bloße Herrschaft abzugleiten? Entsprechend wird von vielen Seiten eine grundlegende Reform der UNO gefordert, um sie für die Bedingungen der Globalisierung und die Komplexität einer multipolaren Welt zu rüsten.

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In der Dezember-Ausgabe ergründet Thomas Assheuer, was die völkische Rechte mit der Silicon-Valley-Elite verbindet, und erkennt in Ernst Jünger, einem Vordenker des historischen Faschismus, auch einen Stichwortgeber der Cyberlibertären. Ob in den USA, Russland, China oder Europa: Überall bilden Antifeminismus, Queerphobie und die selektive Geburtenförderung wichtige Bausteine faschistischer Biopolitik, argumentiert Christa Wichterich. Friederike Otto wiederum erläutert, warum wir trotz der schwachen Ergebnisse der UN-Klimakonferenz nicht in Ohnmacht verfallen dürfen und die Narrative des fossilistischen Kolonialismus herausfordern müssen. Hannes Einsporn warnt angesichts weltweit hoher Flüchtlingszahlen und immer restriktiverer Migrationspolitiken vor einem Kollaps des globalen Flüchtlingsschutzes. Und die Sozialwissenschaftler Tim Engartner und Daniel von Orloff zeigen mit Blick auf Großbritannien und die Schweiz, wie wir dem Bahndesaster entkommen könnten – nämlich mit einer gemeinwohlorientierten Bürgerbahn. 

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