Die Deutung des hessischen Wahlergebnisses wird zum Austragungsgelände strategischer und taktischer Differenzen. Gerhard Schröder fordert: "In der Politik der Grünen brauchen wir mehr Fischer, weniger Trittin" und verordnet der Koalition insgesamt als "Konsequenz aus zu hohem Tempo in der Vergangenheit" "Ruhe und sorgfältige Vorbereitung" 1) Jürgen Trittin kontert mit einem Verweis auf die "zwei Optionen", die innerhalb der SPD miteinander "ringen", und beruft sich auf Oskar Lafontaines Warnung vor Gedankenspielen, "mit der FDP die Reichen immer reicher und die Armen immer ärmer zu machen". 2) Heribert Prantl konstatiert: "Den Schaden tragen die Grünen Sie, nicht die Sozialdemokraten, läßt der Wähler büßen für die ersten hundert Tage". "Grün büßt für die schlechten Zensuren, die der Bonner Koalition landauf landab nach den hundert Tagen erteilt worden sind. Das Lob, das es auch gibt, läuft eher auf die Mühlen der Sozialdemokratie." 3) Georg Fülberth rät zu Unaufgeregtheit: Hessenwahlen seien immer schon "Konter-Wahlen" gewesen, das Ergebnis sei denkbar knapp und die hessische Koalition sowieso inhaltlich am Ende gewesen. Bundespolitisch sieht Fülberth allerdings einen "Befreiungsschlag für Gerhard Schröder.
In der September-Ausgabe plädiert Lea Ypi für eine Migrationsdebatte im Sinne der Aufklärungsphilosophie. Cinzia Sciuto fordert, der zunehmenden Aushöhlung des Völkerrechts mit einer entschiedenen Verteidigung desselben zu begegnen – und nicht mit Resignation und falschem Realismus. Für Georg Diez markieren die Kriegsverbrechen in Gaza und die fehlenden Reaktionen darauf einen Epochenbruch; sie stünden für nicht weniger als den Verrat des Westens an der Humanität. Herfried Münkler analysiert, wie Kriege historisch endeten und Friedenszeiten begannen und was das mit Blick auf den Ukrainekrieg bedeutet. Simone Schlindwein deckt auf, wie Russland junge Afrikanerinnen mit falschen Versprechen für die Kriegswirtschaft rekrutiert. Warum die grüne Digitalisierung ein Mythos ist und was der KI-Boom den Globalen Süden kostet, erläutern Ingo Dachwitz und Sven Hilbig. Und Eva-Maria Klinkisch sowie Markus Rieger-Ladich zeigen auf, wie Long Covid-Betroffene von der Gesellschaft und dem Gesundheitssystem systematisch ignoriert werden – und was dagegen zu tun ist.