Ausgabe Dezember 2001

Die Vertrauenskeule

„Deutsche Soldaten haben in Afghanistan nichts verloren.“ Wer hätte den Satz der PDS-Parteichefin Gabi Zimmer vor drei Monaten nicht für völlig selbstverständlich gehalten. Doch dann kostete diese Aussage, nach Kanzlers Machtwort, die Beteiligung am Berliner Senat. Nichts könnte deutlicher zeigen, wie der 11. September das deutsche Parteiensystem durcheinander gebracht hat. In einer der letzten Bundestagsdebatten plädierte der Kanzler noch dafür, aus der Frage der Haltung zum Krieg keine Glaubensfrage zu machen und dem politischen Gegner nicht die moralische Integrität abzusprechen. Hätte er dieses Toleranzedikt nur durchgehalten!

Domino der Kriegsgegner

Denn keinen Monat später musste Schröder sich auch gegenüber den Kriegsgegnern in den eigenen Reihen behaupten. Seit dem 16. November ist die Zeit der bloßen Machtworte vorbei, kommt das finale Erpressungsinstrumentarium zur Anwendung, die Vertrauens-, genauer: die Machtfrage. Damit ist die Endphase für Rot-Grün wohl endgültig eingeläutet.

Erstaunlich, dass das politische Berlin sich von der Entscheidung des Kanzlers so überrascht zeigte, stand doch eigentlich eine höchst banale Rechnung dahinter. Denn rein machtstrategisch war klar: Schröder selbst konnte – bei jedem möglichen Ausgang – nur gewinnen.

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In der Dezember-Ausgabe ergründet Thomas Assheuer, was die völkische Rechte mit der Silicon-Valley-Elite verbindet, und erkennt in Ernst Jünger, einem Vordenker des historischen Faschismus, auch einen Stichwortgeber der Cyberlibertären. Ob in den USA, Russland, China oder Europa: Überall bilden Antifeminismus, Queerphobie und die selektive Geburtenförderung wichtige Bausteine faschistischer Biopolitik, argumentiert Christa Wichterich. Friederike Otto wiederum erläutert, warum wir trotz der schwachen Ergebnisse der UN-Klimakonferenz nicht in Ohnmacht verfallen dürfen und die Narrative des fossilistischen Kolonialismus herausfordern müssen. Hannes Einsporn warnt angesichts weltweit hoher Flüchtlingszahlen und immer restriktiverer Migrationspolitiken vor einem Kollaps des globalen Flüchtlingsschutzes. Und die Sozialwissenschaftler Tim Engartner und Daniel von Orloff zeigen mit Blick auf Großbritannien und die Schweiz, wie wir dem Bahndesaster entkommen könnten – nämlich mit einer gemeinwohlorientierten Bürgerbahn. 

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