Ausgabe Januar 2003

Was man von einer Europäischen Verfassung erwarten und nicht erwarten sollte

Bis vor kurzem war die Diskussion über Wünschbarkeit und mögliche Gestalt einer europäischen Verfassung eine fast ausschließlich akademische Angelegenheit. Die tatsächliche Entwicklung der europäischen Institutionen dagegen bestimmten pragmatische Kompromisse der Regierungen, die sich jeweils an dringenden Problemen oder vorrangigen sachlichen Zielen orientierten. So dienten die institutionellen Reformen der Einheitlichen Europäische Akte der Umsetzung des Binnenmarktprogramms; im Maastricht-Vertrag ging es in erster Linie um die Währungsunion; Amsterdam stand dann bereits im Schatten der Osterweiterung, und erst recht galt dies für die Verhandlungen über den Vertrag von Nizza.

Schon im Vorfeld von Nizza aber, insbesondere jedoch in Reaktion auf den allseits als unzulänglich kritisierten Vertrag ist nun eine aufs Grundsätzliche gerichtete Diskussion über die künftige Verfassung Europas aufgekommen. Sie hat die Regierungen offenbar so beeindruckt, dass sie zur Vorbereitung der nächsten Regierungskonferenz einen „europäischen Konvent“ einberufen und diesem auf dem Gipfel von Laaken ein erstaunlich weit reichendes Mandat erteilt haben. Wenn alles nach Plan geht, so wird dieser Konvent im Laufe des nächsten Jahres den Entwurf eines einheitlichen und umfassenden europäischen Verfassungsvertrages vorlegen.

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In der Dezember-Ausgabe ergründet Thomas Assheuer, was die völkische Rechte mit der Silicon-Valley-Elite verbindet, und erkennt in Ernst Jünger, einem Vordenker des historischen Faschismus, auch einen Stichwortgeber der Cyberlibertären. Ob in den USA, Russland, China oder Europa: Überall bilden Antifeminismus, Queerphobie und die selektive Geburtenförderung wichtige Bausteine faschistischer Biopolitik, argumentiert Christa Wichterich. Friederike Otto wiederum erläutert, warum wir trotz der schwachen Ergebnisse der UN-Klimakonferenz nicht in Ohnmacht verfallen dürfen und die Narrative des fossilistischen Kolonialismus herausfordern müssen. Hannes Einsporn warnt angesichts weltweit hoher Flüchtlingszahlen und immer restriktiverer Migrationspolitiken vor einem Kollaps des globalen Flüchtlingsschutzes. Und die Sozialwissenschaftler Tim Engartner und Daniel von Orloff zeigen mit Blick auf Großbritannien und die Schweiz, wie wir dem Bahndesaster entkommen könnten – nämlich mit einer gemeinwohlorientierten Bürgerbahn. 

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