Der Osten Deutschlands ist wieder zum politischen Thema geworden. Eines, bei dem nur vordergründig die Zukunft Ostdeutschlands verhandelt wird. Untergründig geht es um tief sitzende Vorurteile und Konkurrenzängste – und das sowohl im Hinblick auf die EUOsterweiterung als auch in Bezug auf den Aufbau Ost. Es geht also immer auch um die ganze Republik, um ihre ökonomische, soziale und gesellschaft- liche Zukunft – eine Frage, die gerade im Hinblick auf die in diesem Jahr anstehenden Landtagswahlen in Ostdeutschland neue Bedeutung gewinnt.
Im März hatten Bundesverkehrsminister Manfred Stolpe und Sachsens Ministerpräsident Georg Milbradt gerade erst je eigene Vorschläge für eine Neujustierung des Aufbaus Ost vorgetragen, da gab "Der Spiegel" der aufziehenden Debatte um einen Kurswechsel in der Ostförderung eine neue Wendung. Der Osten bremst den Westen aus, lautete die steile These.1 Dabei stützte sich das Magazin auf ein vertrauliches Papier, das eine Regierungskommission unter Leitung des ehemaligen Hamburger Bürgermeisters und späteren Treuhand-Managers Klaus von Dohnanyi erarbeitet hatte. Den Befund der Kommission fasste der "Spiegel" so zusammen: "Der Osten steht still – und der Westen stürzt ab, weil er die Milliardentransfers längst aus der eigenen Substanz begleichen muss.