Deutschland-Tage („Dani Nemacˇke“) fanden Ende Oktober in Belgrad statt, wovon jedoch in Serbien kaum jemand Notiz nahm – und in Deutschland erst recht nicht. Hier wie dort interessierte anderes: Im niederländischen Scheveningen boykottierte am 26. Oktober Radovan Karadžic´, von Januar 1992 bis Juni 1996 Präsident der „Republika Srpska“ in Bosnien, den Beginn seines Prozesses vor dem Internationalen Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien (ICTY). Nur einen Tag später flog aus Schweden Biljana Plavšic´, weiland Karadžic´s rechte Hand, Nachfolgerin und spätere Todfeindin, in Belgrad ein, nachdem sie zwei Drittel einer elfjährigen Haftstrafe verbüßt hatte, die das ICTY 2003 gehen sie verhängte.
Dieses zufällige Zusammentreffen Karadžic´-Plavšic´ steht symbolhaft für alles, was das Tribunal wollte und (nicht) vermochte. Das ICTY, das laut UN-Sicherheitsratsbeschluss seine Tätigkeit 2010 beenden soll, wird diesen Termin nicht einhalten können. Wie sein Präsident Patrick Robinson Anfang Oktober 2009 in seinem 16. Jahresbericht an die UN-Vollversammlung ausführte, hat das Gericht insgesamt 161 Anklagen ausgesprochen und bis Juli 2009 120 von ihnen zum Abschluss gebracht.