Ausgabe Mai 2010

Putins postsowjetische Sowjetunion

Die polnisch-russische Gedenkfeier für die Ermordeten von Katyn wurde durch den Absturz der polnischen Präsidentenmaschine jäh überschattet. Die anschließende gemeinsame Trauer über das Flugzeugunglück brachte Polen und Russen einander näher, als es in den letzten Jahrzehnten der Fall war.

Ob sich allein hieraus neue Wege der Verständigung und Kooperation auftun werden, bleibt indes offen – zumal sich der Kreml dieser Tage bereits auf ein anderes Gedenken vorbereitet, nämlich an den 65. Jahrestag des Sieges im „Großen Vaterländischen Krieg“ unter dem damaligen Oberbefehlshaber Generalissimus Stalin am 9. Mai 1945.[1] Immerhin bleibt Stalin den Russen dabei wenigstens bildlich weitgehend erspart. Wiktor Chrekow, Kanzleichef von Ministerpräsident Wladimir Putin und derzeit Regisseur der Jubel-Feiern, will unter 2000 Sieges-Plakaten nur zehn mit dem Porträt Stalins zulassen – auf ausdrücklichen „Wunsch von Kriegsveteranen“ und gegen die Proteste all jener, die Stalin-Porträts als „unsittlich“ empfinden angesichts der „Millionen Opfer unter seiner Herrschaft“.

Vom gestrigen Sieg zu heutigen Niederlagen

Doch ob Bild oder Phantom: Die bevorstehenden Feiern werden weithin eine Hommage an Stalin sein, wie bereits Ende März auf der Leipziger Buchmesse deutlich wurde.

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In der Dezember-Ausgabe ergründet Thomas Assheuer, was die völkische Rechte mit der Silicon-Valley-Elite verbindet, und erkennt in Ernst Jünger, einem Vordenker des historischen Faschismus, auch einen Stichwortgeber der Cyberlibertären. Ob in den USA, Russland, China oder Europa: Überall bilden Antifeminismus, Queerphobie und die selektive Geburtenförderung wichtige Bausteine faschistischer Biopolitik, argumentiert Christa Wichterich. Friederike Otto wiederum erläutert, warum wir trotz der schwachen Ergebnisse der UN-Klimakonferenz nicht in Ohnmacht verfallen dürfen und die Narrative des fossilistischen Kolonialismus herausfordern müssen. Hannes Einsporn warnt angesichts weltweit hoher Flüchtlingszahlen und immer restriktiverer Migrationspolitiken vor einem Kollaps des globalen Flüchtlingsschutzes. Und die Sozialwissenschaftler Tim Engartner und Daniel von Orloff zeigen mit Blick auf Großbritannien und die Schweiz, wie wir dem Bahndesaster entkommen könnten – nämlich mit einer gemeinwohlorientierten Bürgerbahn. 

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