Mitte Juni brachen im Süden Kirgistans gewaltsame Auseinandersetzungen zwischen der kirgisischen Mehrheit und der usbekischen Minderheit aus. Infolge der bewaffneten Konflikte starben in Osch und Dschalalabad hunderte Menschen; Zehntausende sind auf der Flucht. Die Unruhen zeigen, dass sich die Lage, insbesondere im Süden des Landes, auch über zwei Monate nach dem Sturz von Präsident Kurmanbek Bakijew nicht stabilisiert hat. Während die Interimsregierung Mühe hat, ihre Autorität durchzusetzen, versucht Bakijew aus dem weißrussischen Exil, die Situation zu destabilisieren. Dennoch erscheint eine Rückkehr Bakijews ausgeschlossen. Wie bereits sein 2005 durch die „Tulpenrevolution“ gestürzter Vorgänger, Askar Akajew, wird er für die wachsende Armut, Vetternwirtschaft und Machtkonzentration verantwortlich gemacht.
Den Kirgisen, deren Land noch bis Ende der 90er Jahre als halbwegs demokratische Insel im ansonsten stramm autoritär regierten Zentralasien galt, mag das Drehbuch des Machtwechsels wie ein Déjà-vu vorkommen. Auch im April schlugen Proteste vor allem Jugendlicher in offene Gewalt gegen ein schamlos korruptes Regime um, mehr als 80 Menschen starben. Kirgistan hat damit zum zweiten Mal innerhalb beeindruckend kurzer Zeit einen Machtwechsel gewaltsam erzwungen – ein im postsowjetischen Raum einzigartiger Vorgang.