Die griechische Krise und das Dilemma von Syriza
Der Brexit stellt ganz Europa vor eine extreme Herausforderung, für Griechenland jedoch bedeutet er eine unmittelbare und existenzielle Gefahr. Darüber sind sich alle politischen Kräfte einig, die das Land in der EU und in der Eurozone halten wollen, also das ganze Parteienspektrum zwischen Syriza und der konservativen Nea Dimokratia. Besonders hart trifft das britische Ausstiegsvotum jedoch die Regierung von Alexis Tsipras. Ein Jahr nach seinem zweiten Wahlsieg im September 2015 steht der linke Premierminister mit dem Rücken zur Wand. Sparauflagen und gebrochene Versprechen lassen seine Popularität schwinden. Da kommt der Brexit zur Unzeit.
Schon im Vorfeld des britischen Referendums wusste die Regierung Tsipras, was Griechenland drohen könnte. Deshalb war sie verzweifelt darum bemüht, die Vereinbarung mit den Gläubigern über die Evaluierung des laufenden Memorandums noch vor dem 23. Juni unter Dach und Fach zu bringen. Das hat sie mit Müh‘ und Not geschafft: Nur zwei Tage vor dem Referendum sind in Athen jene 7,5 Mrd. Euro eingetroffen, die der Europäische Stabilitätsmechanismus (ESM) als erste „Prämie“ für die Umsetzung des Sparprogramms überwiesen hat.
Der Tenor der Athener Presse lautete: Gott sei Dank haben wir die Gelder vor dem Brexit bekommen.