Rumänien erlebt derzeit die größten Proteste seit der Wende von 1989. „In den Knast, nicht an die Macht!“, tönen seit Wochen die Sprechchöre durch die Piata Victoriei. Der überdimensionierte Platz vor dem Regierungssitz ist fast jeden Tag gefüllt mit Menschen und Fahnen. Der Unmut entzündete sich an einer im Januar erlassenen Eilverordnung der Regierung aus Sozialdemokraten (PSD) und Sozialliberalen (ALDE). Diese hätte bestimmte Formen von Amtsmissbrauch oder Interessenkonflikt entkriminalisiert. Das wäre vor allem der Führungsriege der PSD zugute gekommen. Inzwischen hat Ministerpräsident Sorin Grindeanu die Verordnung zurückgezogen, weil er „Rumänien nicht spalten“ wolle; der Justizminister reichte seinen Rücktritt ein. Doch ist die Spaltung des Landes längst Realität: Für die einen dient die Korruption dem alltäglichen Überleben, die anderen sehen darin ein Hindernis auf dem Weg zu einem modernen, europäischen Land.
Und so gehen die Proteste weiter. Viele Demonstranten befürchten, die Regierung werde zu einem späteren Zeitpunkt erneut versuchen, sich durch weitere Gesetzesnovellen selbst zu retten. Längst fordern sie den Rücktritt der Regierung: Man könne den Dinosauriern gerne beim Umzug helfen, heißt es in einem Sprechchor.