Warum wir einen anderen Blick auf die Volksrepublik brauchen

Bild: Der chinesische Präsident Xi Jinping bei Feierlichkeiten anlässlich der Rückgabe Hongkongs vor 25 Jahren, 1.7.2022 (IMAGO / ZUMA Wire)
Am 4. Februar 2022, knapp drei Wochen vor dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine, verkündeten Wladimir Putin und Xi Jinping eine „grenzenlose“ strategische Partnerschaft. In ihrer gemeinsamen Erklärung wurden die Autokratien Russland und China zu eigenständigen „Demokratien“ umgedeutet, die Nato-Erweiterung in Europa gebrandmarkt sowie die Indo-Pazifik-Strategie der USA und der Sicherheitspakt AUKUS kritisiert.[1] Die neuerdings zur Schau gestellte Interessenkonvergenz der beiden Autokratien hat in der öffentlichen und politischen Wahrnehmung im Westen bereits zu einer genaueren Betrachtung der ideologischen Positionierung Russlands geführt.[2] So berichtete „Die Zeit“, dass sich Bundeskanzler Olaf Scholz Anfang Januar von vier führenden Russland-Experten beraten ließ.[3] Im Zentrum standen dabei jedoch nicht die Truppenaufmärsche an der ukrainischen Grenze, sondern der russische Kolonialismus, Putins Geschichtsverständnis und der russische Faschismus. Das plötzliche Interesse an den Schattenseiten Russlands habe die Experten stark verwundert, hieß es: Hatten sie nicht jahrelang vor diesen Fehlentwicklungen gewarnt?
Diese offensichtlichen Lerndefizite im politischen Berlin wecken Zweifel, ob die Bundesregierung in Zukunft rechtzeitig die notwendigen Erkenntnisprozesse vollzieht, um die Herausforderungen durch das Regime Xi Jinpings in China richtig einzuschätzen.