
Bild: Marine Le Pen im Parlament, 11.10.2022 (IMAGO / IP3press)
Anfang September ging in Frankreich der Sommer formell zu Ende: Die rentrée bezeichnet jedes Jahr den Moment, an dem alle wieder „zurückkehren“, die Schule wieder beginnt und der Arbeitsalltag wieder einsetzt. Alles wie immer, könnte man meinen, aber das stimmte dieses Jahr nicht. Denn zwei außergewöhnliche Problemlagen treffen in diesem Herbst und Winter aufeinander: Einerseits hat Frankreich einen beispiellosen Sommer ökologischer Katastrophen hinter sich. Die Dringlichkeit einer ökologischen Transformation, ja einer schlichten Resilienz gegenüber den Folgen des Klimawandels, ist nicht mehr zu ignorieren. Andererseits aber fehlt Präsident Emmanuel Macron die Mehrheit, um seine ehrgeizigen politischen Ziele durchzusetzen. Im Parlament eskalieren die Konflikte in bisher ungekanntem Ausmaß. Ist Frankreichs Situation also paradigmatisch für viele westliche Industrienationen, in denen politische Handlungsfähigkeit dringend gebraucht würde, zugleich aber immer schwerer zu erreichen ist?
Beginnen wir mit dem ersten Element, dem in Deutschland in seiner Tragweite weithin ignorierten ökologischen Schock Frankreichs im Sommer 2022. Da waren zum einen die Waldbrände, die vor allem im Westen des Landes, in der Vendée und der Gironde, wüteten. Extreme Trockenheit, lang anhaltend hohe Temperaturen von 38 bis 41 Grad und starker Wind bildeten ein tödliches Gemisch, die Verheerungen waren enorm.