Mit Osteuropa die neue Kriegszeit begreifen

Bild: Wladimir Putin bei einem Treffen mit Teilnehmern des Programms »Zeit der Helden« im Kreml, 12.6.2025 (IMAGO / Russian Look)
Es ist eine von jenen scheinbar unwichtigen Nachrichten, die rückblickend wie ein übersehenes Vorzeichen wirken können: Anfang Mai erschien in Russland ein Buch, zu dem Außenminister Sergej Lawrow ein Vorwort beisteuerte. Die These des von Regimeseite derart gewürdigten Werkes: Eine litauische Nation und Sprache gebe es nicht.[1] Das Gleiche hatte Kremlchef Wladimir Putin im Sommer 2021 auch über die Ukraine behauptet. Wenige Monate später setzte er seine Truppen in Marsch. Ist Lawrows Vorwort also bloß Ausdruck der alltäglichen ideologischen Scharfmacherei in Moskau – oder für den Westen ein erneuter Anlass, um gewarnt zu sein? Geschichte unterliegt zwar keinem Wiederholungszwang, aber politische Akteure folgen oft Mustern. Das gilt umso mehr, wenn sie sich auf der Siegerstraße wähnen können wie derzeit das Putin-Regime angesichts von Donald Trumps Ukrainepolitik.
Aber um solche Muster rechtzeitig erkennen zu können, bedarf es einer geschärften Wachsamkeit. Und die ist in Europa nicht überall vorhanden. Westlich des ehemaligen Eisernen Vorhangs will so mancher noch immer glauben, in der Ukraine tobe bloß ein Regionalkonflikt, den vor allem der Westen auszuweiten drohe, wenn er ihn nicht gar überhaupt erst angeheizt habe. Weiter östlich hingegen sieht man das überwiegend ganz anders – und das nicht erst seit dem verhängnisvollen 24. Februar 2022.