Ausgabe Juni 2014

Brasilien oder Die WM der Widersprüche

Luiz Inácio Lula da Silva hatte es sich ganz anders vorgestellt. Die Fußball-Weltmeisterschaft, die der damalige Präsident vor sieben Jahren nach Brasilien holte, sollte den Eintritt des Schwellenlandes in die Erste Welt markieren – den Höhepunkt des Wirtschaftsbooms seiner achtjährigen Amtszeit, der erfolgreichen Sozialpolitik und der Modernisierung des Landes. Und nun soll eine glorreiche WM im Juni die Wiederwahl seiner Nachfolgerin Dilma Rousseff garantieren und die Hegemonie der Arbeiterpartei PT festigen.

Heute jedoch ist diese schöne Vision Vergangenheit, die WM längst nicht mehr Vorbote von Glanz und Ruhm. Stattdessen treten die Widersprüche im Land deutlicher zutage als je zuvor. In den Wochen vor dem Sportspektakel gibt das größte Land Lateinamerikas ein desolates Bild ab. Auf den Straßen von Rio de Janeiro und São Paulo brennen Busse und Barrikaden, entzündet von aufgebrachten Bewohnern der Armenviertel, die sich der notorischen Polizeigewalt erwehren.

Doch unzufrieden sind derzeit nicht nur die Armen, sondern fast alle. Die Preise steigen unaufhaltsam. Die Einkommenszuwächse schmelzen dahin, insbesondere in den Großstädten werden Mieten und Nahrungsmittel immer teurer.

Sie haben etwa 9% des Textes gelesen. Um die verbleibenden 91% zu lesen, haben Sie die folgenden Möglichkeiten:

Artikel kaufen (1.00€)
Digitalausgabe kaufen (10.00€)
Anmelden

Aktuelle Ausgabe Dezember 2025

In der Dezember-Ausgabe ergründet Thomas Assheuer, was die völkische Rechte mit der Silicon-Valley-Elite verbindet, und erkennt in Ernst Jünger, einem Vordenker des historischen Faschismus, auch einen Stichwortgeber der Cyberlibertären. Ob in den USA, Russland, China oder Europa: Überall bilden Antifeminismus, Queerphobie und die selektive Geburtenförderung wichtige Bausteine faschistischer Biopolitik, argumentiert Christa Wichterich. Friederike Otto wiederum erläutert, warum wir trotz der schwachen Ergebnisse der UN-Klimakonferenz nicht in Ohnmacht verfallen dürfen und die Narrative des fossilistischen Kolonialismus herausfordern müssen. Hannes Einsporn warnt angesichts weltweit hoher Flüchtlingszahlen und immer restriktiverer Migrationspolitiken vor einem Kollaps des globalen Flüchtlingsschutzes. Und die Sozialwissenschaftler Tim Engartner und Daniel von Orloff zeigen mit Blick auf Großbritannien und die Schweiz, wie wir dem Bahndesaster entkommen könnten – nämlich mit einer gemeinwohlorientierten Bürgerbahn. 

Zur Ausgabe Probeabo

Weitere Artikel zum Thema

Globales Elend und die Diktatur der Superreichen

von Ute Scheub

Sie düsen in Privatjets um die Welt, um Immobilien und Konzernketten an sich zu reißen. Sie kaufen ganze Landschaften und Inseln, um sich dort im größten Luxus abzukapseln. Sie übernehmen Massenmedien, um sich selbst zu verherrlichen und gegen Arme und Geflüchtete zu hetzen.