Ausgabe Januar 2016

Argentinien oder Vorwärts in die Vergangenheit

Der Wind in Lateinamerika hat sich spürbar gedreht. Gleich mehrere Paukenschläge läuteten das Ende einer Epoche ein. In Venezuela mussten die regierenden Sozialisten bei der Parlamentswahl am 6. Dezember 2015 eine herbe Niederlage einstecken. Präsident Nicolás Maduro sieht sich jetzt einem konservativ dominierten Parlament gegenüber. Er ist damit ebenso angezählt wie seine brasilianische Kollegin Dilma Rousseff. Das kurz zuvor gegen sie angestrengte Amtsenthebungsverfahren hat zwar wenig Aussicht auf Erfolg, zeigt aber, wie dramatisch ihr Rückhalt geschwunden ist.[1] Das Ende des progressiven Zyklus liegt in der Luft.[2]

Den Anfang vom Ende markierten jedoch die Präsidentschaftwahlen in Argentinien vom 22. November. Folgerichtig rief der konservative Bewerber Mauricio Macri noch am Abend seines Wahlsieges eine neue Epoche aus. Er hatte sich bei der Stichwahl mit rund 51 Prozent knapp gegen Daniel Scioli von der regierenden Frente para la Victoria (Front für den Sieg, FPV) durchgesetzt – und damit eine Ära beendet: In den vergangenen zwölf Jahren hatte das Ehepaar Kirchner die argentinische Politik geprägt und dabei einen gemäßigten Linkskurs gefahren. Cristina Fernández de Kirchner übernahm das Amt 2007 von ihrem Mann Néstor und wurde 2011 erneut gewählt.

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In der Oktober-Ausgabe wertet Seyla Benhabib das ungehemmte Agieren der israelischen Regierung in Gaza als Ausdruck einer neuen Ära der Straflosigkeit. Eva Illouz ergründet, warum ein Teil der progressiven Linken auf das Hamas-Massaker mit Gleichgültigkeit reagiert hat. Wolfgang Kraushaar analysiert, wie sich Gaza in eine derart mörderische Sackgasse verwandeln konnte und die Israelsolidarität hierzulande vielerorts ihren Kompass verloren hat. Anna Jikhareva erklärt, warum die Mehrheit der Ukrainer trotz dreieinhalb Jahren Vollinvasion nicht zur Kapitulation bereit ist. Jan Eijking fordert im 80. Jubiläumsjahr der Vereinten Nationen mutige Reformen zu deren Stärkung – gegen den drohenden Bedeutungsverlust. Bernd Greiner spürt den Ursprüngen des Trumpismus nach und warnt vor dessen Fortbestehen, auch ohne Trump. Andreas Fisahn sieht in den USA einen „Vampirkapitalismus“ heraufziehen. Und Johannes Geck zeigt, wie rechte und islamistische Rapper Menschenverachtung konsumierbar machen.

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