
Bild: Die linke Präsidentschaftskandidatin Jeannette Jara, 27.9.2025 (IMAGO / Aton Chile)
In vielerlei Hinsicht gleicht die bevorstehende Parlaments- und Präsidentschaftswahl in Chile einem Déjà-vu-Erlebnis: Erneut zeichnet sich die Möglichkeit ab, dass der rechtsextreme José Antonio Kast die Wahl gewinnen könnte. Vor vier Jahren konnte dies der aktuelle Präsident Gabriel Boric vom linken Parteienbündnis Apruebo Dignidad verhindern. Er gewann in der Stichwahl mit 56 zu 44 Prozent der Stimmen gegen Kast, der im ersten Wahlgang noch vorne gelegen hatte.
Zur Wahl am 16. November tritt nun die Kommunistin und frühere Arbeitsministerin der aktuellen Regierung, Jeannette Jara, an. Sie soll das Reformprogramm der Regierungskoalition fortführen und wird laut den aktuellen Umfragen gegen Kast in die Stichwahl einziehen. Der Sohn eines geflohenen SS-Soldaten tritt bereits zum dritten Mal zur Wahl an; mit seinem streng nach rechts gekämmten Scheitel verkörpert er den Hass vieler Chileninnen und Chilenen auf alles Progressive und die vermeintliche Unordnung, die durch eine „zu liberale“ Politik in Chile Einzug gehalten habe.
Wie auch schon vor vier Jahren stellen beide Seiten ihr Gegenüber als Dämon dar – wahlweise als Vertreter:in des Kommunismus oder Faschismus. Dadurch entsteht der Eindruck einer tief gespaltenen Gesellschaft. Doch nach vier Jahren der Regierung Boric ist das Schreckgespenst des „Sozialismus“ verblasst. Die Boric-Regierung hat den Weg für die womöglich erste kommunistische Präsidentin des Landes frei gemacht.