
Bild: Ullstein Buchverlage
Ein nachlässig aufgeschütteter Haufen von Dingen türmt sich auf dem Bürgersteig: schäbige Möbelstücke, ein Knäuel aus Kleidung und Schuhen, Hausrat, Spielzeug. Kein ungewöhnlicher Anblick in den Ghettos der amerikanischen Innenstädte. Es ist das, was vom Zuhause der Menschen übrigbleibt, der Inhalt ihrer Wohnungen, ausgespuckt nach einer Zwangsräumung. Dieses Bild zieht sich als Motiv durch das neue Buch von Matthew Desmond, Soziologe an der Princeton-Universität: „Zwangsgeräumt“. Seine Studie erschien in den USA bereits 2016, wurde von der Kritik hochgelobt und mit dem Pulitzer-Preis gekürt. Jetzt liegt sie auf Deutsch vor.
Er wolle dem Wesen der Armut in den USA auf die Spur kommen, erklärte Desmond im Radiosender „NPR“: „Im Vergleich zu anderen prosperierenden Demokratien sind die Tiefe und das Ausmaß der Armut in Amerika einzigartig.“ Vor allem habe er verstehen wollen, welche Rolle Wohnraum im Kreislauf der Armut spielt. Deshalb entschied er sich, „mit den Menschen zu leben, die aus ihren Wohnungen geworfen werden“. Das tat er, 15 Monate lang. Der Forscher mietete sich in einem weißen Trailer-Park und später in einem schwarzen Ghetto in Milwaukee ein, einer Stadt im Bundesstaat Wisconsin im Mittleren Westen der USA. Er begleitete acht Familien, schwarze und weiße, junge und alte, Arbeiter und Akademiker.