Ausgabe November 2018

Rote im Abgang

Wie es einer Partei gerade geht, erkennt man an ihrer Sprache. Daran gemessen muss sich die SPD bereits auf dem Totenbett befinden, denn nach der fatalen Maaßen-Beförderung und dem folgenden Bayern-GAU häufen sich die Abgesänge – auch und gerade aus den eigenen Reihen.

Besonders beeindruckend in dieser Disziplin ist der ungeheuer erfolgreiche Fraktionschef der Berliner SPD, Raed Saleh, der seinem Parteichef, dem Regierenden Bürgermeister Michael Müller, schon seit Jahren das Leben schwer macht und damit die eigene Partei mit Bravour nach unten zieht. Nach Bayern kommt er zu dem bemerkenswerten Schluss: „Es ist bereits fünf nach zwölf“. Also einpacken, Genossen, das Prinzip Hoffnung hat ausgedient. Offenbar bereits angesteckt von derartiger Todesahnung zeigt sich derweil ein anderer, nicht ganz unbekannter Genosse: „Die Vorstellung“, so Obernörgler Ralf Stegner, „dass ausgerechnet unsere Generation die SPD zu Grabe trägt, finde ich ziemlich gruselig.“ Andere dagegen sind der Phase der Todesangst längst entrückt, bei ihnen ist Todesahnung bereits in Todessehnsucht umgeschlagen, so etwa bei Hilde Mattheis, Vorsitzende des Forums Demokratische Linke 21. Was nämlich fiel ihr nach dem Maaßen-Deal ein? „Wir stehen nicht nur am Abgrund, wir stehen schon darüber hinaus.

Sie haben etwa 34% des Textes gelesen. Um die verbleibenden 66% zu lesen, haben Sie die folgenden Möglichkeiten:

Artikel kaufen (1.00€)
Digitalausgabe kaufen (10.00€)
Anmelden

Aktuelle Ausgabe Januar 2026

In der Januar-Ausgabe skizziert der Journalist David Brooks, wie die so dringend nötige Massenbewegung gegen den Trumpismus entstehen könnte. Der Politikwissenschaftler Philipp Lepenies erörtert, ob die Demokratie in den USA in ihrem 250. Jubiläumsjahr noch gesichert ist – und wie sie in Deutschland geschützt werden kann. Der Politikwissenschaftler Sven Altenburger beleuchtet die aktuelle Debatte um die Wehrpflicht – und deren bürgerlich-demokratische Grundlagen. Der Sinologe Lucas Brang analysiert Pekings neue Friedensdiplomatie und erörtert, welche Antwort Europa darauf finden sollte. Die Journalistinnen Susanne Götze und Annika Joeres erläutern, warum die Abhängigkeit von Öl und Gas Europas Sicherheit gefährdet und wie wir ihr entkommen. Der Medienwissenschaftler Roberto Simanowski erklärt, wie wir im Umgang mit Künstlicher Intelligenz unsere Fähigkeit zum kritischen Denken bewahren können. Und die Soziologin Judith Kohlenberger plädiert für eine »Politik der Empathie« – als ein Schlüssel zur Bekämpfung autoritärer, illiberaler Tendenzen in unserer Gesellschaft.

Zur Ausgabe Probeabo

Weitere Artikel zum Thema

Vom Einsturz zum Aufbruch: Die Protestbewegung in Serbien

von Krsto Lazarević

Rund 110 000 Menschen füllen am 1. November die Fläche vor dem Hauptbahnhof in Novi Sad, um der Opfer zu gedenken, die ein Jahr zuvor unter dem einstürzenden Vordach starben. Für die seit Monaten Protestierenden steht der Einsturz nicht für ein bauliches, sondern für ein politisches und gesellschaftliches Versagen: ein sichtbares Symbol für Korruption und ein zunehmend autokratisches System.

Keine Tugend ohne Tatkraft

von Philipp Lepenies

2026 jährt sich die Unabhängigkeitserklärung der Vereinigten Staaten zum 250. Mal. Sie ist neben der Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte von 1789 das wohl wichtigste Dokument der politischen Moderne. Mit der Herrschaft von Donald Trump stellt sich die Frage, ob die Demokratie in den USA noch gesichert ist.