Ausgabe August 2019

Kollege Weinstein: Sexuelle Übergriffe am Arbeitsplatz

Harvey Weinstein, der einst gefeierte, dann aber massiver sexueller Belästigung und Vergewaltigung beschuldigte Hollywood-Produzent, greift auf seine Versicherung zurück: Diese zahlt 44 Mio. US-Dollar, davon 30 Mio. an betroffene Frauen, die Geldgeber seiner Filmfirma und deren Angestellte. Die übrigen 14 Mio. fließen in Weinsteins Anwalts- und Prozesskosten. Über 80 Frauen hatten Weinstein sexuelle Belästigung und Vergewaltigung vorgeworfen.[1] Zwei strafrechtliche Beurteilungen von noch nicht verjährten Vergewaltigungen stehen noch aus. In Deutschland wären derartige Schadenersatzsummen undenkbar.

Doch selbst solche astronomischen Summen können weder das erlittene Leid ungeschehen machen noch es anderen Opfern erleichtern, öffentlich über das ihnen zugefügte Unrecht zu sprechen. Und die Überwindung, die es selbst prominente Schauspielerinnen gekostet hat, sexuelle Übergriffe zu benennen, potenziert sich bei der Verkäuferin, der Hotelfachkraft oder der Arbeiterin noch. Müssen sie doch fürchten, den Arbeitsplatz und damit ihre finanzielle Absicherung zu verlieren. Deshalb schweigen viele Betroffene und lassen die alltäglichen Übergriffe über sich ergehen. Die dabei empfundene Schmach und Ohnmacht führen zu erheblichen gesundheitlichen Beeinträchtigungen, bis hin zur Erwerbsunfähigkeit.

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In der Dezember-Ausgabe ergründet Thomas Assheuer, was die völkische Rechte mit der Silicon-Valley-Elite verbindet, und erkennt in Ernst Jünger, einem Vordenker des historischen Faschismus, auch einen Stichwortgeber der Cyberlibertären. Ob in den USA, Russland, China oder Europa: Überall bilden Antifeminismus, Queerphobie und die selektive Geburtenförderung wichtige Bausteine faschistischer Biopolitik, argumentiert Christa Wichterich. Friederike Otto wiederum erläutert, warum wir trotz der schwachen Ergebnisse der UN-Klimakonferenz nicht in Ohnmacht verfallen dürfen und die Narrative des fossilistischen Kolonialismus herausfordern müssen. Hannes Einsporn warnt angesichts weltweit hoher Flüchtlingszahlen und immer restriktiverer Migrationspolitiken vor einem Kollaps des globalen Flüchtlingsschutzes. Und die Sozialwissenschaftler Tim Engartner und Daniel von Orloff zeigen mit Blick auf Großbritannien und die Schweiz, wie wir dem Bahndesaster entkommen könnten – nämlich mit einer gemeinwohlorientierten Bürgerbahn. 

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