Die sowjetische Wirtschaftsreform am Wendepunkt
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Ohne Zweifel: In vielen Bereichen ist die Sowjetunion nicht mehr wiederzuerkennen. Nehmen wir soziale und politische Orientierungs- und Wertungsmuster als Beispiel. "Markt" und "Privateigentum" wirken heute als magische Formeln, geeignet, Wohlstand für alle und sofort aus dem Hut zu zaubern. "Es kann keinen anderen Rettungsweg außer der Marktwirtschaft geben, etwas Besseres hat die Menschheit nicht erfunden", versichert E. Prigozin aus Slancy in einem Leserbrief an die "Izvestija" (vom 7. September 1990, S. 3). Und A. Kazincev aus Ceboksar ergänzt: "Markt ohne Privateigentum, das ist wie Wodka ohne Prozente". Auf die fällige ideologische Revision dringt Dr.-Ing. Pugin aus Moskau: "Entschieden zu überdenken ist die These des Marxismus, daß zum Aufbau des Sozialismus gesellschaftliches Eigentum an den Produktionsmitteln unerläßlich ist... Schon heute gibt es in den entwickelten kapitalistischen Ländern mehr Sozialismus als in unserem Land."
Und, gleichsam als Echo westlicher Neoliberaler, fügt G. Samota aus Leninsk-Kuzneckij hinzu: "Weshalb sollen wir so leben, wie Marx vor 150 Jahren schrieb?" Es ist offenkundig und durchaus begreiflich: "Markt" und "Privateigentum" sind in diesem Verständnis Synonyme für allgemeinen materiellen Wohlstand.