Amerikanische Reaktionen auf den Fall der Mauer
"Niemand sagt die Wahrheit", klagte A.M. Rosenthal, ehemals Chefredakteur der "New York Times" im Frühjahr 1989. Es ging, wieder einmal, um deutsch-amerikanische Querelen - um Streitereien, wie sie seit den frühen 80er Jahren auffallend oft und in ungewohnter Schärfe ausgetragen werden. Rosenthal glaubte zu wissen, warum Amerikaner, denken sie an Deutschland, so gereizt sind. "Es ist diese Angst: Die Bundesrepublik, die bereits die führende Wirtschaftsmacht in Westeuropa ist, wird die Bresche Gorbatschow benutzen, um auch in Mittel- und Osteuropa die führende Wirtschaftsmacht zu werden... Die deutsch-sowjetische Allianz wird keine militärische Macht einsetzen müssen, um sich Bahn zu brechen in der Welt - wirtschaftliche und politische Stärke sollten genügen." Ein Alptraum für Diplomaten und Intellektuelle in Washington und New York: Die Deutschen trachten nach neuer Macht im Osten und werfen diese gegenüber dem Westen in die Waagschale 1). Rosenthal übertreibt nicht. Das Gespenst einer deutsch-sowjetischen Allianz treibt die politische Klasse Amerikas seit geraumer Zeit um. Angst? Amerikaner hören das Wort nicht gern, benutzen es nur, wenn sie auf die Befindlichkeiten "deutscher Seele" zu sprechen kommen.
Dennoch: Genau darum geht es. Kaum eine politische Debatte über die Zukunft Europas, die sich nicht darum drehte. Gordon A.