"Die Zukunft unserer Erinnerungen wird das Fernsehen sein." (Klaus Kreimeier in epd-F i l m) Die Umwälzungen in den osteuropäischen Staaten, allen voran der DDR, haben offenbart, wie sehr wir nicht nur unsere Informationen, sondern auch unseren Erlebnis-Vorrat aus dem Fernseh-Gedächtnis speisen. Ohne die Berichte von den ersten, auf ihrer Flucht in den Westen an den Zäunen der bundesdeutschen Botschaften hängengebliebenen Übersiedlern, deren bisheriges Eingesperrt-Sein als über sich hinausweisendes B i l d in alle Haushalte geliefert wurde, hätte der große Strom, der sich dann ergoß, womöglich noch eingedämmt werden können. Und dem inzwischen a n c i e n Regime um Honecker, das ihn bis zuletzt verzweifelt aufhalten wollte, dürften dieselben Bilder zur sinnlichen Einsicht in eine Realität verholfen haben, die es sich bislang erfolgreich aus Augen und Sinn gehalten hatte.
Glückliche Gesichter hinter heruntergekurbelten Trabi-Seitenfenstern, schnurgerade ausgerichtete Notbetten in blitzsauberen Aufnahmelagern - das sind einige der televisionären Erlebnisse, die in unserem Gedächtnis von dem, was die Kommentatoren unbeirrt als Revolution bezeichnen, bleiben werden. Sie sind gefrorene lebende Bilder, die nicht nur die Illusion vermitteln, wieder einmal wirklich dabeigewesen zu sein, so daß das Gesehene zur ureigenen Erfahrung wird.