Alice Schwarzer im Gespräch mit Gislinde Schwarz
Was geschieht, wenn Frauen-West und Frauen-Ost zusammenkommen? Welche unterschiedlichen Erfahrungswelten und gemeinsamen Betroffenheiten stoßen da aufeinander? Wer lernt von wem? - Solchen Fragen galt das folgende Gespräch, das Gislinde Schwarz, Redakteurin der Ostberliner Frauenzeitschrift "Für Dich", mit Alice Schwarzer, Gründerin und Herausgeberin des Frauen-Magazins "Emma" in Köln führte. Eine Kurzfassung erschien in "Für Dich" im August des Jahres. Wir veröffentlichen hier eine ausführliche Fassung und danken beiden Gesprächspartnerinnen, die den Text für die "Blätter" überarbeitet haben. D. Red.
Gislinde Schwarz: Nun kommen wir also zusammen, die Frauen aus der BRD und die aus der DDR. Beide mit bisher sehr unterschiedlichen Bedingungen und Ansprüchen. Was bedeutet das aus deiner Sicht - für die einen und für die anderen?
Alice Schwarzer: Euch trifft die geballte Ladung Reaktion auf zwanzig Jahre Feminismus, also zwanzig Jahre Antifeminismus. Aber ihr hattet nicht mal ein Jahr Zeit zu einer Öffentlichen feministischen Auseinandersetzung. Wir - und zwar nicht nur die paar tausend oder zehntausend Aktivistinnen, sondern Millionen Frauen in der BRD - sind mit unserem Unmut, unserem Unbehagen, unserer Wut seit Jahrzehnten in die Öffentlichkeit getreten und konnten dies.