Ausgabe September 1990

Die Zivilisierung Europas steht noch aus

Zur Begründung der Kampagne Bundesrepublik ohne Armee (BoA)

I

Nach dem INF-Mittelstreckenraketen-Vertrag, den Angeboten zu Abrüstung und Kooperation aus Moskau, den einseitigen Abrüstungsschritten der Staaten der Warschauer Vertragsorganisation, dem Beginn der Verhandlungen in Wien über konventionelle Abrüstung in Europa und über vertrauensbildende Maßnahmen und nach allen wohlklingenden Friedensworten führender Politiker hatten viele Menschen in der Bundesrepublik geglaubt, sie könnten sich nun zurücklehnen, sie brauchten nicht mehr demonstrierend für Abrüstung auf die Straßen zu gehen. Allmählich tritt Ernüchterung ein. Hoffnungen weichen der Desillusionierung.

Die politischen Repräsentanten der westeuropäischen NATO-Staaten und der USA verhalten sich eher wie Sieger im Kalten Kriege, die Abrüstungskosmetik für das Volk betreiben und in der "Realpolitik" ihre Machtpotentiale nur umstrukturieren. In dieser Zeit beginnt die Friedensbewegung sich neu zu sammeln. Seit über einem Jahr wird - zunehmend konkreter - diskutiert, wo und wie der Hebel anzusetzen sei, um das Thema Friedenspolitik contra Militärpolitik wieder auf die Tagesordnung der öffentlichen Diskussionen zu setzen. Seit dem Frühjahr 1990 sind die Würfel gefallen.

September 1990

Sie haben etwa 4% des Textes gelesen. Um die verbleibenden 96% zu lesen, haben Sie die folgenden Möglichkeiten:

Artikel kaufen (1€)
Digitalausgabe kaufen (10€)
Anmelden

Aktuelle Ausgabe November 2025

In der November-Ausgabe ergründen Carolin Amlinger und Oliver Nachtwey die Anziehungskraft des demokratischen Faschismus. Frank Biess legt die historischen Vorläufer von Trumps autoritärer Wende offen – ebenso wie die Lebenslügen der Bundesrepublik. Daniel Ziblatt zieht Lehren aus der Weimarer Republik für den Umgang mit den Autokraten von heute. Annette Dittert zeigt, wie Elon Musk und Nigel Farage die britische Demokratie aus den Angeln zu heben versuchen. Olga Bubich analysiert, wie Putin mit einer manipulierten Version der russischen Geschichte seinen Krieg in der Ukraine legitimiert. Ute Scheub plädiert für die Umverteilung von Wohlstand – gegen die Diktatur der Superreichen. Sonja Peteranderl erörtert, inwiefern sich Femizide und Gewalt gegen Frauen mit KI bekämpfen lassen. Und Benjamin von Brackel und Toralf Staud fragen, ob sich der Klimakollaps durch das Erreichen positiver Kipppunkte verhindern lässt.

Zur Ausgabe Probeabo

Weitere Artikel zum Thema

Verbrecherische Komplizen: Libyen und die EU

von Sigrun Matthiesen, Allison West

Es war ein Tiefpunkt in der Geschichte der Seenotrettung: 20 Minuten lang beschoss am 24. August ein Patrouillenboot der libyschen Küstenwache die Ocean Viking, ein Rettungsschiff der Seenotrettungsorganisation SOS Méditerranée.

Von Milošević zu Trump: Die bosnische Tragödie und der Verrat an den Bürgerrechten

von Sead Husic

Es herrschte keine Freude bei der bosnisch-herzegowinischen Regierungsdelegation am 22. November 1995 auf dem Wright-Patterson-Luftwaffenstützpunkt in Dayton. Eben hatte sie dem Friedensabkommen mit der Bundesrepublik Jugoslawien, die noch aus Serbien und Montenegro bestand, und Kroatien zugestimmt, doch sie fühlte sich betrogen.