Die in den beiden letzten Jahren intensivierte Diskussion über die sozialen Auswirkungen des EG-Binnenmarktprojekts, hervorgerufen durch gewerkschaftliche Befürchtungen eines Sozialdumpings insbesondere in den entwickelteren Mitgliedstaaten der EG, wurde im Verlauf des Jahres 1990 - zumindest in der Bundesrepublik durch die Problematik des deutschen Einigungsprozesses fast vollständig überlagert und verdrängt.
Inzwischen geraten hier die sozialen Folgeprobleme des Anschlusses der DDR in den Blickpunkt: zunehmende Arbeitslosigkeit in Ostdeutschland und nicht zuletzt Formen des Lohndumpings durch ausufernde Leiharbeit mit Arbeitskräften aus der ehemaligen DDR. Die sozialen Folgeprobleme der deutschen Vereinigung, so groß sie auch sind, sollten jedoch den Blick nicht versperren für eine notwendige verstärkte Auseinandersetzung um die zukünftige Gestaltung eines Sozialraums Europa, eines Sozialraums, der jetzt das Gebiet der ehemaligen DDR und zukünftig weitere mittel- und osteuropäische Staaten umfaßt. Dies ist um so wichtiger und wird in gewisser Weise auch erleichtert, weil- ausgelöst durch die Schaffung eines vereinigten Deutschland - die Diskussion um eine Politische Union Westeuropas neu entfacht ist, was Änderungen im EWG-Vertrag und Potentiale für Demokratisierung im EG-Bereich beinhaltet.