Ausgabe November 1991

Doppelte Identität

Jugendliche im Vereinigungsprozess

Das Bild, daß die Medien gegenwärtig über die Jugend Ostdeutschlands vermitteln, ist mehr oder weniger eindeutig. Zumindest für den äußeren Betrachter schien frühestens nach dem Bedeutungswandel der Leipziger Montagsdemonstration und allerspätestens seit den ersten offenkundigen Überfällen Jugendlicher auf ausländischer Mitbürger und Asylanten das Urteil klar zu sein. Gestiegene Gewaltakzeptanz, Autoritätsabhängigkeit und unüberhörbare Schlachtrufe aus dem rechtsradikalen Milieu bieten Hinweise darauf, wie es um die Jugend aus dem östlichen Teil Deutschlands bestellt ist. Gerechterweise, muß man hinzufügen, findet noch die bedrohliche Situation auf dem Ausbildungsmarkt Erwähnung.

Nun soll damit nicht in Abrede gestellt werden, daß wir es inzwischen in der Tat mit einer spürbaren Zunahme gewaltförmiger Auseinandersetzungen und mit einem rechtsextremistischen Sympathiepotential eines Teiles der Jugendlichen zu tun bekommen haben. Wenn allerdings einer ganzen Generation das Etikett rechtsradikal angeheftet und - wie im Falle einer unlängst fertiggestellten Untersuchungen - dies mit einer "überzogenen Einschätzung der Rolle der Deutschen in der Geschichte und der Haltung zu den Ausländern" 1) begründet wird, so können daraus unter der Hand Vorurteile bedient werden.

November 1991

Sie haben etwa 4% des Textes gelesen. Um die verbleibenden 96% zu lesen, haben Sie die folgenden Möglichkeiten:

Artikel kaufen (1€)
Digitalausgabe kaufen (10€)
Anmelden

Aktuelle Ausgabe Dezember 2025

In der Dezember-Ausgabe ergründet Thomas Assheuer, was die völkische Rechte mit der Silicon-Valley-Elite verbindet, und erkennt in Ernst Jünger, einem Vordenker des historischen Faschismus, auch einen Stichwortgeber der Cyberlibertären. Ob in den USA, Russland, China oder Europa: Überall bilden Antifeminismus, Queerphobie und die selektive Geburtenförderung wichtige Bausteine faschistischer Biopolitik, argumentiert Christa Wichterich. Friederike Otto wiederum erläutert, warum wir trotz der schwachen Ergebnisse der UN-Klimakonferenz nicht in Ohnmacht verfallen dürfen und die Narrative des fossilistischen Kolonialismus herausfordern müssen. Hannes Einsporn warnt angesichts weltweit hoher Flüchtlingszahlen und immer restriktiverer Migrationspolitiken vor einem Kollaps des globalen Flüchtlingsschutzes. Und die Sozialwissenschaftler Tim Engartner und Daniel von Orloff zeigen mit Blick auf Großbritannien und die Schweiz, wie wir dem Bahndesaster entkommen könnten – nämlich mit einer gemeinwohlorientierten Bürgerbahn. 

Zur Ausgabe Probeabo

Weitere Artikel zum Thema

Drei Millionen ohne Abschluss: Was tun?

von Maike Rademaker

Die Zahl war lediglich einen Tag lang einige Schlagzeilen wert: Rund 2,9 Millionen junge Menschen zwischen 20 und 34 Jahren hierzulande haben keinen Berufsabschluss. Maike Rademaker analysiert Gründe und Lösungsansätze.