Moderne Videogeräte haben eine nützliche technische Einrichtung: das Video-Programming-System (VPS) startet die Aufnahme, einem Sendersignal folgend, unabhängig von der Uhrzeit erst dann, wenn die aufzuzeichnende Sendung wirklich beginnt. Auf diese Weise wird verhindert, daß bei Programmverschiebungen, womit nach Sportübertragungen fast stets zu rechnen ist, Teile der gewünschten Aufzeichnung verlorengehen. Am 3. Oktober, dem Tag der deutschen Einheit, gab es eine fernsehgeschichtliche Premiere. Das VPS-System wurde erstmals für den Versuch genutzt, die freie Programmwahl von Zuschauern zu manipulieren: Wer seinen Apparat auf 20.15 Uhr eingestellt hatte, bekam als Zugabe die davor übertragene Rede des Bundeskanzlers zum Jahrestag der "deutschen Revolution" unbestellt aufs Band gespielt.
Mein Gerät schaltete sich jedenfalls um 20 Uhr ein, dann zur Tagesschau wieder aus und zu Beginn der eigentlich einprogrammierten Sendung: "Was ist aus uns geworden? Ein Jahr deutsche Einheit" wieder an. Sollte so Ausgewogenheit hergestellt werden? In der zentralen Deutschen Einheits-Sendung zum Jahrestag (das ZDF übertrug nur die Hamburger Feierstunde am Vormittag) wurden jedenfalls nationales Pathos und überhebliche Töne sorgfältig und demonstrativ vermieden.