Salman Rushdies jüngste Wende
The carnival is over: Salman Rushdie ist Moslem. Nach 700 Tagen Untergrund ist der Schriftsteller Weihnachten 1990 aus seiner irrwitzigen Zwangslage aufgetaucht: ein sog. Todesurteil, das ihm lebenslänglich die Freiheit, zu schreiben und als Mensch zu existieren, rauben sollte.
Nun hat er öffentlich den Islam "umarmt". Unter allen politischen, religiösen und privaten Übertritten der letzten Zeit ist dies gewiß eine der aufregendsten Konversionen; Rushdie hat vor den Augen der Welt sein Leben "geprüft", auf die Dinge befragt, die wirklich zählen. Dieser Vorgang hat sehr viel weniger Aufmerksamkeit erfahren als jene Ereignisse des Jahres 1989, die unter dem Titel "Rushdie Affair" in die Geschichte eingegangen und, wie die Ermordung des japanischen Übersetzers der S a t a n i c V e r s e s zeigt, noch keineswegs ausgestanden sind. An sie möchte ich zunächst kurz erinnern; hier erscheint der gottlose Dichter und blasphemische Intellektuelle als Herausforderer des Propheten Mohammed.
Dann möchte ich Rushdie als d e n Schriftsteller der multikulturellen Welt würdigen, als herausragenden Romancier der heutigen c o n d i t i o n h u m a i n e, die ja in vieler Hinsicht eine c o n d i t i o n m i g r a t o i r e ist.