Michael Walzers nachegalitäre Theorie der Gerechtigkeiten
"Kommunitarismus" lautet ein neues Kennwort der politischen Diskussion. Der Theorieimport aus den USA ist vieldeutig. Unterschiedliche politische Positionen und Werthaltungen knüpfen sich daran; sie reichen von linken und linksliberalen Stimmen bis hin zu konservativen Voten. Man kann dies mit Mißtrauen betrachten oder auch in der lagerübergreifenden kommunitaristischen Thematik den Reflex eines allgemeinen gesellschaftspolitischen Problems (wieder-)erkennen. Was so unterschiedliche Geister wie Charles Taylor, Alisdair MacIntyre, Robert N. Bellah, Richard Rorty oder den im folgenden vorzustellenden Michael Walzer eint, ist die gemeinsame Fragestellung nach Bedingungen und Möglichkeiten gemeinschaftsfähiger, solidarischer und ziviler Lebensformen - jenseits vereinfachter Systemalternativen und Ismen und gegen die expansionistischen Zwänge von Geld- und Machtmonopolen. Micha Brumlik hat an anderer Stelle (FR, 11. Februar 1992) zwei Leitfragen formuliert, an denen sich das kommunitaristische Projekt prüfen läßt:
" 1. Lassen sich menschliche Lebensformen darstellen, die verbindlicher als staatsbürgerliche Assoziationen, aber weniger bindend als intime Liebe und loyalitätsheischende Familie Sinn und Solidarität hervorbringen, ohne dabei die Individuen dem Druck autoritärer Normen und der Autorität nicht frei akzeptierbarer Werte zu unterwerfen? 2.