Entwicklungstheorie und Entwicklungshilfepolitik befinden sich (spätestens) seit Ende der 80er Jahre in einer tiefen Krise 1). Ansätze, die auf eine Modernisierung nach westlichem Muster setzten, konnten ihre hochgesteckten Ansprüche empirisch nicht fruchtbar machen. Auch Theorien, die die Weltmarktabhängigkeit des Südens als Dreh- und Angelpunkt ihrer Analyse wählten, melden Erklärungsnotstand an. Ausgeklügelte Begriffsapparate vermitteln den Mitgliedern der scientific community zwar das wohlige Gefühl von Vertrautheit mit der Materie. Die realen und äußerst unterschiedlichen Entwicklungsprozesse in der (als homogenes Gebilde nie existenten) Dritten Welt hingegen sind nicht einmal ansatzweise erfaßt, geschweige denn erklärt. Der Fehlschlag der "großen Theorien" führte bei manchem zur Nachdenklichkeit und Sprachlosigkeit, bei anderen zu Konvertitentum. "Von Europa lernen" sollen die Entwicklungsländer einerseits - da stimmen rechts und links nun weitgehend überein.
Andererseits aber wird ihnen sustainable growth, ein (je nach Übersetzungskunst) dauerhafter, nachhaltiger, ökologisch tragfähiger Entwicklungspfad anempfohlen - mithin das genaue Gegenteil dessen, was die Industrieländer bislang praktizierten.