Seehofers Reformpläne für das Gesundheitssystem
I. Streiflichter zur aktuellen politisch-ökonomischen Situation im Gesundheitswesen 1)
1990 schien für die Verbände der Gesundheitsbranche die Welt noch in Ordnung: Das Jahr der deutschen Vereinigung bescherte ihnen die vollständige Übertragung des von ihnen präferierten Organisationsmodells der medizinischen Versorgung einschließlich sämtlicher Anachronismen (wie der ständisch gegliederten Krankenkassenstruktur), alten Zöpfe (wie das Leitbild des in Solo-Praxis frei niedergelassenen Arztes anstelle kooperativer und berufsübergreifender Praxisformen) und Abschottungen (der ambulanten von der stationären Versorgung) auf die Ex-DDR. Besser hätte das Timing kaum sein können, wurden die Strukturen des Gesundheitssystems-West doch just in jener Interimsphase zwischen dem Auslaufen der finanziellen Stabilisierungseffekte der "Gesundheitsreform 1989" und dem Einsetzen des erneuten Kostenschubs im Westen der Ex-DDR übergestülpt.
Inzwischen steuert die Beitragsbelastung im Westen auf ein neues Rekordniveau zu und zwingt die Politiker zur Infragestellung derjenigen Strukturen, die gerade erst im Osten errichtet worden sind.