Ausgabe Oktober 1992

Oppositionsverweigerung ?

Wenn es das Ziel der Petersberger Beschlüsse der SPD-Führung war, die Voraussetzungen für sachliche Gespräche über den tatsächlichen Problemstand, Handlungsbedarf und über angemessene Lösungsmöglichkeiten zu verbessern, so stimmen die ersten Ergebnisse nicht eben zuversichtlich. Daß sich die SPD-Führung in der Asyl-Frage "bewegt" hat, ermunterte die CDU nicht etwa, die Chance zu einer Entschärfung der öffentlichen Auseinandersetzung zu nutzen, sondern vielmehr jetzt die Abschaffung des Grundgesetzartikels 16 zu fordern, den sie bislang lediglich geändert sehen wollte. Und CSU-Chef Waigel tadelte nun die Schwesterpartei CDU als zu links, die nächste Wahl werde "rechts von der Mitte" gewonnen.

In der SPD selbst hat nicht nur der Inhalt des Petersberger Vorstoßes, sondern vor allem auch seine Form eine Auseinandersetzung provoziert, deren Schärfe und Emotionalität der nüchternen Selbstverständigung über die, weiß Gott komplizierten und vielschichtigen, Streitfragen auch kaum förderlich sein dürfte. Besonders unerquicklich ist das Zusammentreffen der sozialdemokratischen Lockerungsübungen mit den schändlichen Ereignissen von Rostock.

Oktober 1992

Sie haben etwa 16% des Textes gelesen. Um die verbleibenden 84% zu lesen, haben Sie die folgenden Möglichkeiten:

Artikel kaufen (1€)
Digitalausgabe kaufen (10€)
Anmelden

Aktuelle Ausgabe September 2025

In der September-Ausgabe plädiert Lea Ypi für eine Migrationsdebatte im Sinne der Aufklärungsphilosophie. Cinzia Sciuto fordert, der zunehmenden Aushöhlung des Völkerrechts mit einer entschiedenen Verteidigung desselben zu begegnen – und nicht mit Resignation und falschem Realismus. Für Georg Diez markieren die Kriegsverbrechen in Gaza und die fehlenden Reaktionen darauf einen Epochenbruch; sie stünden für nicht weniger als den Verrat des Westens an der Humanität. Herfried Münkler analysiert, wie Kriege historisch endeten und Friedenszeiten begannen und was das mit Blick auf den Ukrainekrieg bedeutet. Simone Schlindwein deckt auf, wie Russland junge Afrikanerinnen mit falschen Versprechen für die Kriegswirtschaft rekrutiert. Warum die grüne Digitalisierung ein Mythos ist und was der KI-Boom den Globalen Süden kostet, erläutern Ingo Dachwitz und Sven Hilbig. Und Eva-Maria Klinkisch sowie Markus Rieger-Ladich zeigen auf, wie Long Covid-Betroffene von der Gesellschaft und dem Gesundheitssystem systematisch ignoriert werden – und was dagegen zu tun ist. 

Zur Ausgabe Probeabo

Weitere Artikel zum Thema

Patriotische Zivilgesellschaft: Das Vorfeld der AfD

von Sebastian Beer

Alice Weidel war genervt von der Geräuschkulisse während ihres Sommerinterviews Ende Juli in der ARD. Um das Gespräch mit der AfD-Vorsitzenden zu stören, hatten sich Aktivist:innen des Künstlerkollektivs Zentrum für Politische Schönheit unweit des TV-Studios versammelt und Musik abgespielt.

Ernst, aber nicht hoffnungslos

von Thorben Albrecht, Christian Krell

Spätestens seit Ralf Dahrendorfs berühmt gewordener These vom „Ende des sozialdemokratischen Jahrhunderts“ gehören SPD-Niedergangsprognosen zu den Klassikern der parteibezogenen Publizistik. Die Partei hat diese Prognose bisher um 42 Jahre überlebt. Aber das konstituiert keine Ewigkeitsgarantie.