Ausgabe September 1992

Schonprogramm

Ein langsamer, ganz langsamer Schwenk in Richtung links. Ein größerer Raum erschließt sich dem Blick. Er ist rechteckig, hat gegenüberliegende Doppeltüren, an einer Längsseite ist eine Art Galerie, zu der eine Treppe hinauf- und von der eine zweite wieder herabführt - oder umgekehrt. Was da oben ist, verdeckt eine Sperrholzwand. Gegenüber hängen große Bilder: mit unregelmäßig aufgetragenen, eher blassen Farbtönen ausgefüllte Rechtecke. Sie sind gerahmt und verglast, manchmal spiegelt sich in ihnen eine der Treppen.

In der Mitte des Raums: einige Holzmöbel und eine Art ambulanter Toilette in Form eines Metall- oder Plastik- Containers, auf dessen Dach kurioserweise zwei Lautsprecher mit geschwungenen Schallhörnern angebracht sind. Die Kamera macht unermüdlich immer wieder aufs neue den 360-Rundschwenk und braucht dafür jedesmal exakt 4 Minuten 45 Sekunden. Sie steht nicht in der Mitte des Raums, so daß die Bilderwand immer wieder sehr nahe kommt. Für einige Sekunden füllt dann die weiße Wandfläche zwischen zwei Bildern den ganzen Bildschirm, was eine Art Anfangs- und/oder Endpunkt für die ewig wiederkehrende Abfolge sein könnte.

September 1992

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