Ausgabe August 1993

Außer Spesen...

Nach den Weltkonferenzen von Rio und Wien

"Der Kampf um Menschenrechte beginnt mit dem Kampf um ihren Begriff. Denn es ist ein wesentliches Instrument der Herrschenden, den Menschen, die sich ihrer Unterdrückung bewußt werden und sich emanzipieren wollen, die Ausdrucksmittel ihrer Sprache, in der zugleich die Erinnerung erfahrener Verletzungen, kollektives Gedächtnis sowie Anspruch und Versprechen auf ein besseres Leben verdichtet sind, zu enteignen."

Oskar Negt

Da haben sie nun getagt, gestritten und gesprochen verhandelt und verworfen und schließlich beschlossen. Aber was bleibt: "Die Regierungen der Welt gaben sich besorgt angesichts des Zustandes der Menschenrechte, aber noch viel mehr beschäftigte sie der Streit über Formulierungen im Abschlußdokument", sagte die kämpferische Wangari Maathai aus Kenia auf der Menschenrechtskonferenz, die Ende Juni in Wien zu Ende ging. In ihrem Land setzt sie sich vor allem mit Frauen für den Erhalt und die Wiederaufforstung der Wälder ein, denn Brennholz ist für die meisten Menschen in Kenia genauso überlebensnotwendig wie der organisierte Kampf dafür. Bitter fügt sie hinzu: "Die diktatorischen Regime, die die Menschenrechte mit Füßen treten, mußten sich auf der Konferenz als deren Verteidiger aufspielen, damit sie weiterhin Entwicklungshilfe erhalten.

August 1993

Sie haben etwa 9% des Textes gelesen. Um die verbleibenden 91% zu lesen, haben Sie die folgenden Möglichkeiten:

Artikel kaufen (1€)
Digitalausgabe kaufen (10€)
Anmelden

Aktuelle Ausgabe Oktober 2025

In der Oktober-Ausgabe wertet Seyla Benhabib das ungehemmte Agieren der israelischen Regierung in Gaza als Ausdruck einer neuen Ära der Straflosigkeit. Eva Illouz ergründet, warum ein Teil der progressiven Linken auf das Hamas-Massaker mit Gleichgültigkeit reagiert hat. Wolfgang Kraushaar analysiert, wie sich Gaza in eine derart mörderische Sackgasse verwandeln konnte und die Israelsolidarität hierzulande vielerorts ihren Kompass verloren hat. Anna Jikhareva erklärt, warum die Mehrheit der Ukrainer trotz dreieinhalb Jahren Vollinvasion nicht zur Kapitulation bereit ist. Jan Eijking fordert im 80. Jubiläumsjahr der Vereinten Nationen mutige Reformen zu deren Stärkung – gegen den drohenden Bedeutungsverlust. Bernd Greiner spürt den Ursprüngen des Trumpismus nach und warnt vor dessen Fortbestehen, auch ohne Trump. Andreas Fisahn sieht in den USA einen „Vampirkapitalismus“ heraufziehen. Und Johannes Geck zeigt, wie rechte und islamistische Rapper Menschenverachtung konsumierbar machen.

Zur Ausgabe Probeabo

Weitere Artikel zum Thema

Gaza und die Ära der Straflosigkeit

von Seyla Benhabib

Künftige Historikerinnen und Historiker, die auf den Israel-Gaza-Konflikt zurückblicken, werden möglicherweise erkennen, dass dieser Konflikt an der Schnittstelle dreier Entwicklungen steht, die gemeinsam das Koordinatensystem der nach dem Zweiten Weltkrieg gegründeten internationalen Institutionen völlig verschoben und eine neue Ära eingeläutet haben.

Der Preis der Freiheit: Politische Gefangene in Belarus

von Olga Bubich

Es war eine große Überraschung für weite Teile der internationalen Gemeinschaft: Am 21. Juni ließ das belarussische Regime 14 politische Gefangene frei. Unter ihnen befand sich Siarhei Tsikhanouski, der 2020 verhaftet wurde, um seine Kandidatur bei den Präsidentschaftswahlen zu verhindern.