Ausgabe August 1993

Ringen um die Integration Deutschlands

Zum Verhältnis von Innen- und Außenpolitik und zur Rolle des Bundesverfassungsgerichts

I

Die internationale Politik scheint an einem Scheideweg zu stehen. Gelingt es der durch einen aggressiven Nationalismus an vielen Punkten der Welt bedrohten Staatengemeinschaft, die relative Stabilität aus der Zeit des Kalten Krieges hinüberzuretten? Oder ist eher zu erwarten, daß vor allem zwischen den großen Industrieländern gefährliche Konflikte heraufziehen 1), die nicht nur den sog. Entwicklungsländern keine Chance mehr ließen? Die Beantwortung dieser Fragen dürfte in starkem Maße davon abhängen, welchen Lauf die politische und wirtschaftliche Entwicklung in Europa nehmen wird. Sind einerseits Jugoslawien und die CSFR auseinandergebrochen und können weitere Staaten in ihrer Integrität erschüttert werden, so ist mit dem vereinten Deutschland im Zentrum Europas ein gewaltiges Machtpotential entstanden, das objektiv das europäische wie das globale Machtgleichgewicht fundamental ändert. Entscheidend wäre somit, wie Deutschland nach Inkrafttreten des "Vertrags über die abschließende Regelung in bezug auf Deutschland" (sog. 2+4-Vertrag) am 15. März 1991 zur Aufrechterhaltung der Stabilität beitragen kann. Das setzt aber voraus, daß es das tatsächlich auch will, was freilich noch keine ausgemachte Sache ist.

Wenn ja, bleibt die Frage, auf welchem Weg und mit welchen Mitteln dieser Beitrag zu erreichen ist.

August 1993

Sie haben etwa 4% des Textes gelesen. Um die verbleibenden 96% zu lesen, haben Sie die folgenden Möglichkeiten:

Artikel kaufen (1€)
Digitalausgabe kaufen (10€)
Anmelden

Aktuelle Ausgabe September 2025

In der September-Ausgabe plädiert Lea Ypi für eine Migrationsdebatte im Sinne der Aufklärungsphilosophie. Cinzia Sciuto fordert, der zunehmenden Aushöhlung des Völkerrechts mit einer entschiedenen Verteidigung desselben zu begegnen – und nicht mit Resignation und falschem Realismus. Für Georg Diez markieren die Kriegsverbrechen in Gaza und die fehlenden Reaktionen darauf einen Epochenbruch; sie stünden für nicht weniger als den Verrat des Westens an der Humanität. Herfried Münkler analysiert, wie Kriege historisch endeten und Friedenszeiten begannen und was das mit Blick auf den Ukrainekrieg bedeutet. Simone Schlindwein deckt auf, wie Russland junge Afrikanerinnen mit falschen Versprechen für die Kriegswirtschaft rekrutiert. Warum die grüne Digitalisierung ein Mythos ist und was der KI-Boom den Globalen Süden kostet, erläutern Ingo Dachwitz und Sven Hilbig. Und Eva-Maria Klinkisch sowie Markus Rieger-Ladich zeigen auf, wie Long Covid-Betroffene von der Gesellschaft und dem Gesundheitssystem systematisch ignoriert werden – und was dagegen zu tun ist. 

Zur Ausgabe Probeabo

Weitere Artikel zum Thema

Die neue Merz-Doktrin?

von Jürgen Trittin

Jahrzehntelang durfte in keiner Grundsatzrede eines deutschen Politikers in Regierungsverantwortung der Satz fehlen: „Wir setzen auf die Stärke des Rechts statt auf das Recht des Stärkeren.“ Doch das war einmal. Bundeskanzler Merz‘ lautstarkes Räsonieren über den Krieg Israels gegen den Iran markiert den Bruch mit dieser Tradition.

Eigennutz statt Solidarität

von Klaus Seitz

Etwa eine Milliarde Euro weniger als im vergangenen Jahr steht dem Bundesentwicklungsministerium 2025 zur Verfügung. Doch nicht nur der Spardruck macht der Entwicklungszusammenarbeit zu schaffen, auch die strategische Neuausrichtung gefährdet ihre Zukunftsfähigkeit.

Besser als ihr Ruf: Die europäische Afrikapolitik

von Roger Peltzer

Schon unter Angela Merkel hat der afrikanische Kontinent in der deutschen Bundesregierung große politische Aufmerksamkeit erfahren. Die Ampelregierung setzt diesen Kurs fort: Seit seinem Amtsantritt reiste Bundeskanzler Olaf Scholz jedes Jahr nach Afrika.