Wenn hinten weit in Hutu-Land... Der Mythos vom landesüblichen Völkermord
Die schrecklichen Ereignisse in Ruanda und die ungesicherte Entwicklung in Burundi - auch dort muß man jeder Zeit mit neuen Auseinandersetzungen rechnen - stehen in einer jahrzehntelangen Spirale der Gewalt. Die Elite der jungen Staaten Ruanda und Burundi ist seit der Kolonialzeit mit einer rassistischen Ideologie indoktriniert worden. Deren Virulenz zeigte sich, als sich diese Elite in den Kampf um die eigene Macht verstrickte, die nicht nur politische, sondern auch wirtschaftliche Pfründen ermöglichte. Der Gebrauch ethnischer Argumente im politischen Machtkampf war und ist deshalb so verführerisch, weil er eine emotioneile und oft bedingungslose Mobilisierung der Anhängerschaft erlaubt.
Die eigentliche Brisanz des Gegensatzes zwischen Hutu-Mehrheit und Tutsi-Minderheit lag nicht darin, daß es extremistische Tutsi gab, die von der Wiederherstellung ihrer Herrschaft träumten, sondern daß die neue Führungselite Ruandas sich nicht bemühte, den ethnischen Gegensatz zu überbrücken. Sie tendierte vielmehr dazu, ihren internen politischen Auseinandersetzungen eine ethnische Bedeutung unterzulegen, damit die sozialen und regionalen Antagonismen zu überspielen und machtpolitische Motive zu verschleiern.