Ausgabe Juli 1994

Stifter der Nation

Deutsche Staatsmänner in Weimar

I

Aus Gründen, über deren Triftigkeit erst die Historiker werden urteilen können, fühlen sich Angehörige jener gesellschaftlichen Gruppen, die sich gern als Eliten bezeichnen lassen, derzeit bemüßigt, Vorschläge zur Ausbildung und Stärkung deutscher Identität zu machen. Eines der Foren, auf denen derlei betrieben wird, ist die vor einem Jahr unter der Federführung von Helmut Schmidt gegründete Deutsche Nationalstiftung in Weimar. Dieses Jahr versuchten sich der Gründer selbst, der scheidende Bundespräsident von Weizsäcker sowie der Ministerpräsident von Sachsen, Kurt Biedenkopf, an der heiklen Materie. Um es vorweg zu sagen: Angesichts des von einer derartigen Stiftung erhobenen Anspruchs wirkten jedenfalls die Ausführungen von Schmidt und Weizsäcker eher schlicht.

Nun ist es ein Gemeinplatz, daß Politiker erstens wenig Zeit, zweitens nicht immer die besten Redenschreiber und drittens weiß Gott Besseres zu tun haben, als von Prinzipiellem zu handeln.

Freilich: An was, wenn nicht die freigegebenen Redemanuskripte soll man sich überhaupt halten, will man sich ein Bild ihrer Meinung machen? Alleine Kurt Biedenkopf ließ erkennen, daß er bereit war, sich einer intellektuellen Anstrengung zu unterziehen und einen mehr als diffusen Diskussionszusammenhang wenigstens zu strukturieren.

Juli 1994

Sie haben etwa 15% des Textes gelesen. Um die verbleibenden 85% zu lesen, haben Sie die folgenden Möglichkeiten:

Artikel kaufen (1€)
Digitalausgabe kaufen (10€)
Anmelden

Aktuelle Ausgabe September 2025

In der September-Ausgabe plädiert Lea Ypi für eine Migrationsdebatte im Sinne der Aufklärungsphilosophie. Cinzia Sciuto fordert, der zunehmenden Aushöhlung des Völkerrechts mit einer entschiedenen Verteidigung desselben zu begegnen – und nicht mit Resignation und falschem Realismus. Für Georg Diez markieren die Kriegsverbrechen in Gaza und die fehlenden Reaktionen darauf einen Epochenbruch; sie stünden für nicht weniger als den Verrat des Westens an der Humanität. Herfried Münkler analysiert, wie Kriege historisch endeten und Friedenszeiten begannen und was das mit Blick auf den Ukrainekrieg bedeutet. Simone Schlindwein deckt auf, wie Russland junge Afrikanerinnen mit falschen Versprechen für die Kriegswirtschaft rekrutiert. Warum die grüne Digitalisierung ein Mythos ist und was der KI-Boom den Globalen Süden kostet, erläutern Ingo Dachwitz und Sven Hilbig. Und Eva-Maria Klinkisch sowie Markus Rieger-Ladich zeigen auf, wie Long Covid-Betroffene von der Gesellschaft und dem Gesundheitssystem systematisch ignoriert werden – und was dagegen zu tun ist. 

Zur Ausgabe Probeabo

Weitere Artikel zum Thema

Patriotische Zivilgesellschaft: Das Vorfeld der AfD

von Sebastian Beer

Alice Weidel war genervt von der Geräuschkulisse während ihres Sommerinterviews Ende Juli in der ARD. Um das Gespräch mit der AfD-Vorsitzenden zu stören, hatten sich Aktivist:innen des Künstlerkollektivs Zentrum für Politische Schönheit unweit des TV-Studios versammelt und Musik abgespielt.

Ernst, aber nicht hoffnungslos

von Thorben Albrecht, Christian Krell

Spätestens seit Ralf Dahrendorfs berühmt gewordener These vom „Ende des sozialdemokratischen Jahrhunderts“ gehören SPD-Niedergangsprognosen zu den Klassikern der parteibezogenen Publizistik. Die Partei hat diese Prognose bisher um 42 Jahre überlebt. Aber das konstituiert keine Ewigkeitsgarantie.