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Demokratien müssen damit leben, daß ihnen, gerade in schlechten Zeiten, ein gewisser Teil der Bürgerinnen und Bürger nicht nur abwartend und passiv gegenübersteht, sondern sie rundweg ablehnt und sich etwas anderes an ihrer Stelle wünscht. Auch solche Gegner der Demokratie zählen zu den "Andersdenkenden", die die Freiheit der abweichenden Meinung genießen. In pluralistischen Gesellschaften gibt es kein vorab normierbares, "politisch korrektes" Denken, auch nicht namens einer "freiheitlichen demokratischen Grundordnung". Über Grundsätze und Regelwerke friedlichen und gedeihlichen Zusammenlebens muß man sich immer wieder neu verständigen und einigen. In multikulturellen Gesellschaften - in diese Richtung entwickelt sich die Bundesrepublik - kommen weitere Gruppen "Andersdenkender" hinzu, die dem demokratischen Betrieb zuweilen noch ferner stehen als manche alteingesessene Verächter der Demokratie. Ein Teil der Einheimischen hat sich in den letzten Jahren darangemacht, "Fremde" zu drangsalieren, von denen wiederum einige ihre Differenzen in die Bundesrepublik hinein- und mit gewaltsamen Mitteln austragen. Auch diese Herausforderungen muß eine Demokratie bestehen - und die Berliner Republik kann dies auch.