Ausgabe Dezember 1995

Laune verdorben

Wetten, daß... ist eine der ältesten Unterhaltungssendungen des deutschen Fernsehens. Schon die beliebten bunten Abende aus den 50er und 60er Jahren, moderiert von den legendären Kuhlenkampffs und Frankenfelds, verbanden Zuschauerspiele und Musiknummern zu einem Erfolgsrezept, das anscheinend bis heute funktioniert: Eine Bühnenshow, jedesmal in einer anderen Stadt, bietet den theatralischen Rahmen für eine einmalige Aufführung, bei der das Fernsehen eigentlich nur als Aufzeichnungs- und Verbreitungsmedium fungiert für ein Ereignis, das prinzipiell auch ohne diese Übertragung (und ihre Wiederholung) stattfinden könnte. Prinzipiell: Denn ohne die Beteiligung des Fernsehens würde der Aufwand an Technik und Prominenz natürlich zu teuer werden.

Trotzdem hat das fast schon museale Arrangement Auswirkungen auf - wenn der Ausdruck erlaubt sein mag - den Geist der Sendung. Wenn die Moderatoren ihre Witze machen, Prominenz sich geistreich zeigt und Menschen wie du und ich seltsame Aufgaben lösen, dann ist eine Atmosphäre des unschuldigen Amüsements gesichert, die wenigstens für die zwei Stunden garantiert ist, in denen die Saaltüren verschlossen bleiben.

Dezember 1995

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In der Dezember-Ausgabe ergründet Thomas Assheuer, was die völkische Rechte mit der Silicon-Valley-Elite verbindet, und erkennt in Ernst Jünger, einem Vordenker des historischen Faschismus, auch einen Stichwortgeber der Cyberlibertären. Ob in den USA, Russland, China oder Europa: Überall bilden Antifeminismus, Queerphobie und die selektive Geburtenförderung wichtige Bausteine faschistischer Biopolitik, argumentiert Christa Wichterich. Friederike Otto wiederum erläutert, warum wir trotz der schwachen Ergebnisse der UN-Klimakonferenz nicht in Ohnmacht verfallen dürfen und die Narrative des fossilistischen Kolonialismus herausfordern müssen. Hannes Einsporn warnt angesichts weltweit hoher Flüchtlingszahlen und immer restriktiverer Migrationspolitiken vor einem Kollaps des globalen Flüchtlingsschutzes. Und die Sozialwissenschaftler Tim Engartner und Daniel von Orloff zeigen mit Blick auf Großbritannien und die Schweiz, wie wir dem Bahndesaster entkommen könnten – nämlich mit einer gemeinwohlorientierten Bürgerbahn. 

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