In einer der zahlreichen Sendungen zur Bundestagswahl 1994 hatte sich CDU-Bundesminister Norbert Blüm bei einer ZDF-Live-Übertragung von PDS-Mitgliedern im Studio belästigt gefühlt. Er habe selten aussprechen können, beschwerte er sich beim ZDF-Intendanten, der Moderator habe die Störenfriede nicht in den Griff bekommen. Wenige Tage später durfte Blüm in der ZDF-Reihe "Wiso" noch einmal Stellung beziehen, im Alleingang, ohne daß ihn dabei jemand störte, sieht man einmal vom Interviewer ab. Im "Spiegel TV Magazin" vom 16. Oktober vergangenen Jahres - es war der Wahlabend - gab es eine kurze Szene mit dem CDU-Politiker Heiner Geißler. Ein Fernsehreporter stellte Geißler eine Frage, und der antwortete - mit mißtrauisch-musterndem Blick zunächst einmal mit der Gegenfrage: "Welcher Sender ist das?"
Diese beiden Episoden geben einen Eindruck davon, welche Schwierigkeiten Politiker mit dem Fernsehen, also mit kritischer Öffentlichkeit, haben und wie sie damit umgehen. Daß es Unionspolitiker sind, ist dabei kein Zufall. Bundeskanzler Helmut Kohl verweigert gern jenen, die ihm nicht ins Konzept passen, Interviews - etwa Ernst-Dieter Lueg (bis vor kurzem "Bericht aus Bonn", ARD) oder "Spiegel TV".