Was lange währt, wird endlich gut. Ob diese Volksweisheit auch im vorliegenden Fall zutrifft, kann keinesfalls als sicher gelten. Skepsis ist angebracht. Vieles deutet darauf hin, daß der 1992 im Achten Buch Sozialgesetzbuch (SGB VIII) verankerte Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz für jedes Kind ab dem dritten Lebensjahr noch im Herbst dieses Jahres zwar nicht wieder abgeschafft, jedoch möglicherweise bis zur Unkenntlichkeit "modifiziert" wird.
Denn nach langem politischen Tauziehen hat der Bundesrat am 14. Juli 1995 mit dem Ziel der "Erleichterung der Umsetzung des Rechtsanspruchs" einen Gesetzesantrag zur Änderung des SGB VIII und des Bundeserziehungsgeldgesetzes beschlossen und an den Bundestag weitergeleitet. Die Novellierungsinitiative umfaßt drei Schwerpunkte: eine Stichtagregelung 1), die Anerkennung von sog. pädagogisch gleichwertigen Angeboten sowie eine Verlängerung des Erziehungsurlaubes zur Vermeidung von Betreuungslücken zwischen dem dritten Lebensjahr eines Kindes und dem Tag der Aufnahme in einen Kindergarten.
Die Bundesregierung hat, wie nicht anders zu erwarten war, am 1. September 1995 die Vorschläge der Länder zurückgewiesen. Sie begründet ihre Position damit, daß die Familien, die sich auf den Rechtsanspruch verlassen haben, Anspruch darauf hätten, nicht enttäuscht zu werden.