Es hätte nicht des heißen Dezember 1995 in Frankreich bedurft, um deutlich werden zu lassen, wie fremd im so oft beschworenen deutsch-französischen "Tandem", "Motor der europäischen Einigung" etc. die Partner einander immer noch oder schon wieder sind. Seit 1989/90 ist der Ton zwischen Deutschen und Franzosen schroffer geworden.
Zwar wird offiziell weiterhin die unverbrüchliche Freundschaft gefeiert, die wie durch ein Wunder nach (mindestens andertbalb) Jahrhunderten der "Erbfeindschaft" zwischen den beiden Ländern ausgebrochen sein soll.
Aber seit der "Wende" hört man immer wieder einmal aus größer gewordenen deutschen Mündern, Frankreich sei angesichts der Wiederherstellung der "Mitte Europas" an die "atlantische Peripherie" gerutscht. Das neue Deutschland sieht sich demgegenüber in aller Unschuld als "Herz Europas". Die offizielle Pflege deutsch-französischer Freundschaft war lange Domäne des Establishments. Also auch jener Kreise, die heute gern die gewachsene Verantwortung der zum Achtzigmillionenvolk avancierten neuen Deutschen herausstellen und sich angewöhnt haben, ein bißchen mitleidig auf den französischen Nachbarn herabzuschauen.