Das Denkmal ist neu. Gerade erst zwei Monate steht die Skulptur in der Berliner Hardenbergstraße, unweit vom Bahnhof Zoo. Zwei Monate alt und bereits ein Fossil, eine fast schon anrührende Botschaft aus längst vergangenen politischen Zeiten. Das Denkmal erinnert an den Asylbewerber Kemal Altun, der im August 1983 aus Angst vor seiner Auslieferung an die Türkei hier aus dem Fenster des Verwaltungsgerichts sprang. Am Abend nach Altuns Tod gingen einige tausend Menschen spontan auf die Straße. Zu seinem Begräbnis kamen mehrere hundert. Dreizehn Jahre später geht es um ein anderes Begräbnis, eines mit gravierenderen Folgen.
Das Bundesverfassungsgericht besiegelt das Ende einer liberalen Asylpolitik. Ein selbstverordneter politisch-moralischer Anspruch deutscher Nachkriegsgeschichte wird zu Grabe getragen. Auch an diesem Tag gehen Menschen auf die Straße - Studenten, öffentlich Bedienstete, Straßenbahnfahrer. Sie demonstrieren gegen die Sparpolitik. Wer ständig sparen soll, glaubt irgendwann, sich manches nicht weiter leisten zu können. Der will haushalten - auch mit politischem Engagement und dem eigenen Empörungspotential. Das reicht allenfalls für die Verteidigung der sozialen "Grundnahrungsmittel". Das Grundrecht auf Asyl gehört nicht mehr dazu. Das ist längst in die Regale mit den Luxusartikeln verbannt.