Ausgabe Juli 1996

Vom falschen Umgang mit Haushaltslöchern

Die für 1996 geplanten öffentlichen Haushalte sind durch die jüngste Steuerschätzung (Mai 1996) über den Haufen geworfen. Gegenüber der Prognose vom Herbst letzten Jahres fehlen allein 1996 30 Mrd. DM. Die Einnahmeausfälle wachsen im kommenden Jahr auf über 100 Mrd. DM. Dabei berücksichtigt das durch die Bundesregierung vorgelegte und heftig umstrittene Sparpaket über 50 Mrd. DM diese neuen Haushaltslöcher noch nicht. Ein erbitterter Streit über die Frage, wie auf die dramatisch geschrumpften Einnahmen finanzpolitisch zu reagieren sei, kennzeichnet die Lage. Die Kontroverse geht auch mitten durch die einzelnen Parteien im Bundestag. Die Linie der Bundesregierung scheint klar. Als Befürworterin einer Finanzpolitik zur unternehmerischen Gewinnpflege soll eine neue Runde des Aderlasses bei den öffentlichen Ausgaben und damit die Reduzierung der Aufgaben die Einnahmeverluste kompensieren.

Das Sparpaket II mit weiteren Einschnitten bei den sozial Schwachen wird bereits hinter verschlossenen Türen diskutiert. Der soziale Konsens droht damit endgültig zerschlagen zu werden. Da allerdings diese erneute Schrumpfpolitik nicht ausreicht, ist trotz aller gegenteiligen Behauptungen wohl zusätzlich die Erhöhung des normalen Mehrwertsteuersatzes von derzeit 15 auf 16%, vielleicht auch 17% zu erwarten.

Juli 1996

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