Von der Notwendigkeit einer Neubegründung der Universität
Frankreich gilt manchen deutschen Bildungspolitikern als Vorbild in Sachen Elitenbildung. Daneben werden die Studentenunruhen als Teil einer sozialen Protestbewegung gesehen und in ihren Ausmaßen die demokratische Streitkultur bestaunt. Dabei wird hierzulande oft die tiefersitzende Krise übersehen als deren Ursache der folgende Artikel die historische Zweiteilung des französischen Hochschulsystems analysiert. D. Red.
Die Krise, die die Institution Universität in Frankreich heute durchmacht, ist offenkundig: sie zeigt sich sowohl in den wiederholten Massendemonstrationen der Studenten wie in dem sich herauskristallisierenden sozial-politischen Konsens darüber, daß ein mehr oder weniger radikaler Neubeginn erforderlich ist. Es wäre einfach und verführerisch zugleich, diese Krise gerade dem Erfolg der Universität zuzuschreiben, will sagen der ungebrochenen Anziehungskraft, die sie auf einen stetig wachsenden Bevölkerungsanteil ausübt.
In der Tat sind die Daten dieser "Vermassung" beeindruckend: so gab es 1938 60 000 Studenten in Frankreich, 1968 waren es 300 000 und heute zählt man 1,5 Millionen. Schon Ende der 60er Jahre wurde das unverhältnismäßige Wachstum der Studentenzahlen für die Krise verantwortlich gemacht.