Ausgabe November 1996

Standort D: Die Dialektik des Erfolgs

Am Beginn dieses Jahrhunderts gab es in Deutschland eine Standort-Debatte, in der es um ein angemessenes Mischungsverhältnis von Agrar- und Industriewirtschaft und damit um, wie unterstellt wurde, die Überlebensfähigkeit des deutschen Volkes ging. Die Entwicklung des 20. Jahrhunderts, insbesondere die Herausbildung eines hochproduktiven Agrarsektors mit einem gesamtwirtschaftlich nur noch sehr geringen Gewicht (3% der Beschäftigten mit einem dreiprozentigen Anteil am Bruttoinlandsprodukt) hat die damaligen Streitfragen in nichts aufgelöst. Am Ende des Jahrhunderts ist nun erneut eine Standort-Debatte entbrannt. Diesmal geht es um die Wettbewerbsfähigkeit der industrielastig gewordenen deutschen Wirtschaft "in einer sich globalisierenden Weltökonomie".

Geradezu exzentrisch ausfuhrorientiert

Die Debatte mutet zunächst etwas seltsam an, weil Deutschland unbestreitbar weiterhin eine der Spitzenpositionen im Welthandel einnimmt. 1995 exportierten die USA für 584 Mrd. US-Dollar, Deutschland für 506 Mrd., Japan für 443 Mrd. (WTO-Daten vom April 1996). Bei diesen Daten zur absoluten G r ö ß e d e s E x p o r t s der führenden Welthandelsstaaten muß jedoch bedacht werden, daß das amerikanische Bruttoinlandsprodukt mehr als dreimal und das japanische mehr als zweimal so groß ist wie das deutsche.

November 1996

Sie haben etwa 9% des Textes gelesen. Um die verbleibenden 91% zu lesen, haben Sie die folgenden Möglichkeiten:

Artikel kaufen (1€)
Digitalausgabe kaufen (10€)
Anmelden

Aktuelle Ausgabe Dezember 2025

In der Dezember-Ausgabe ergründet Thomas Assheuer, was die völkische Rechte mit der Silicon-Valley-Elite verbindet, und erkennt in Ernst Jünger, einem Vordenker des historischen Faschismus, auch einen Stichwortgeber der Cyberlibertären. Ob in den USA, Russland, China oder Europa: Überall bilden Antifeminismus, Queerphobie und die selektive Geburtenförderung wichtige Bausteine faschistischer Biopolitik, argumentiert Christa Wichterich. Friederike Otto wiederum erläutert, warum wir trotz der schwachen Ergebnisse der UN-Klimakonferenz nicht in Ohnmacht verfallen dürfen und die Narrative des fossilistischen Kolonialismus herausfordern müssen. Hannes Einsporn warnt angesichts weltweit hoher Flüchtlingszahlen und immer restriktiverer Migrationspolitiken vor einem Kollaps des globalen Flüchtlingsschutzes. Und die Sozialwissenschaftler Tim Engartner und Daniel von Orloff zeigen mit Blick auf Großbritannien und die Schweiz, wie wir dem Bahndesaster entkommen könnten – nämlich mit einer gemeinwohlorientierten Bürgerbahn. 

Zur Ausgabe Probeabo

Weitere Artikel zum Thema

Flucht vor der Verantwortung: Lieferkettengesetze am Ende?

von Merle Groneweg

Der 11. September erinnert nicht nur an den Einsturz des World Trade Centers in New York, sondern auch an eine der schwersten Katastrophen in der Textilindustrie: den Brand in der Fabrik Ali Enterprises in Karatschi, Pakistan.

Ohne EU-Mindestlohn kein soziales Europa

von Roland Erne

Nach Jahren antisozialer Politik infolge der Finanzkrise von 2008 standen soziale Fragen in der vergangenen Legislatur der EU wieder weiter oben auf der Agenda. Zwischen 2022 und 2024 verabschiedeten das EU-Parlament und der Rat seit langem wieder mehrere soziale EU-Gesetze, darunter die Richtlinie über „angemessene Mindestlöhne in der Europäischen Union“.

Drei Millionen ohne Abschluss: Was tun?

von Maike Rademaker

Die Zahl war lediglich einen Tag lang einige Schlagzeilen wert: Rund 2,9 Millionen junge Menschen zwischen 20 und 34 Jahren hierzulande haben keinen Berufsabschluss. Maike Rademaker analysiert Gründe und Lösungsansätze.