Ausgabe Oktober 1996

Autismus statt Außenpolitik

Halsstarrigkeit zählt zu den schmeichelhafteren Vorwürfen, die man der deutschen Außenpolitik mit Blick auf das Verhältnis zur Teheraner Mullahkratie machen muß. Ein Eindruck drängt sich förmlich auf: Komme, was da wolle - Bonn klammert sich an einen D i a l o g mit dem Iran, der, mit dem euphemistischen Beiwerk k r i t i s c h versehen, sich anschickt, zu einer der unerschütterlichsten Prämissen deutscher Außenbeziehunge zu werden. 1) - Überhaupt nichts Neues also, aber manchmal verlangt auch das danach mitzuschreiben.

I

Da schildert der im französischen Exil lebende frühere iranische Staatspräsident Bani Sadr vor einem deutschen Gericht, daß der derzeitige Teheraner Präsident Rafsandschani und der religiöse Leader Ayatollah Khamenei gewohnheitsmäßig mit terroristischen Unternehmungen des Iran im Ausland befaßt seien. Attentatspläne müßten von beiden abgesegnet werden. Für die Ausführung zeichne dann Geheimdienstchef Fallahian, in der Bundesrepublik seit einiger Zeit zur Fahndung ausgeschrieben, verantwortlich. Auch die Ermordung von vier iranisch-kurdischen Oppositionellen im September 1992 im Berliner Restaurant "Mykonos" habe sich nach diesem Muster abgespielt.

Folgt man der Aussage von Bani Sadr, ein klarer Fall von Staatsterrorismus.

Oktober 1996

Sie haben etwa 11% des Textes gelesen. Um die verbleibenden 89% zu lesen, haben Sie die folgenden Möglichkeiten:

Artikel kaufen (1€)
Digitalausgabe kaufen (10€)
Anmelden

Aktuelle Ausgabe Oktober 2025

In der Oktober-Ausgabe wertet Seyla Benhabib das ungehemmte Agieren der israelischen Regierung in Gaza als Ausdruck einer neuen Ära der Straflosigkeit. Eva Illouz ergründet, warum ein Teil der progressiven Linken auf das Hamas-Massaker mit Gleichgültigkeit reagiert hat. Wolfgang Kraushaar analysiert, wie sich Gaza in eine derart mörderische Sackgasse verwandeln konnte und die Israelsolidarität hierzulande vielerorts ihren Kompass verloren hat. Anna Jikhareva erklärt, warum die Mehrheit der Ukrainer trotz dreieinhalb Jahren Vollinvasion nicht zur Kapitulation bereit ist. Jan Eijking fordert im 80. Jubiläumsjahr der Vereinten Nationen mutige Reformen zu deren Stärkung – gegen den drohenden Bedeutungsverlust. Bernd Greiner spürt den Ursprüngen des Trumpismus nach und warnt vor dessen Fortbestehen, auch ohne Trump. Andreas Fisahn sieht in den USA einen „Vampirkapitalismus“ heraufziehen. Und Johannes Geck zeigt, wie rechte und islamistische Rapper Menschenverachtung konsumierbar machen.

Zur Ausgabe Probeabo

Weitere Artikel zum Thema

Die neue Merz-Doktrin?

von Jürgen Trittin

Jahrzehntelang durfte in keiner Grundsatzrede eines deutschen Politikers in Regierungsverantwortung der Satz fehlen: „Wir setzen auf die Stärke des Rechts statt auf das Recht des Stärkeren.“ Doch das war einmal. Bundeskanzler Merz‘ lautstarkes Räsonieren über den Krieg Israels gegen den Iran markiert den Bruch mit dieser Tradition.

Eigennutz statt Solidarität

von Klaus Seitz

Etwa eine Milliarde Euro weniger als im vergangenen Jahr steht dem Bundesentwicklungsministerium 2025 zur Verfügung. Doch nicht nur der Spardruck macht der Entwicklungszusammenarbeit zu schaffen, auch die strategische Neuausrichtung gefährdet ihre Zukunftsfähigkeit.

Besser als ihr Ruf: Die europäische Afrikapolitik

von Roger Peltzer

Schon unter Angela Merkel hat der afrikanische Kontinent in der deutschen Bundesregierung große politische Aufmerksamkeit erfahren. Die Ampelregierung setzt diesen Kurs fort: Seit seinem Amtsantritt reiste Bundeskanzler Olaf Scholz jedes Jahr nach Afrika.