Ausgabe August 1997

Zwischen Einbindung und Ausgrenzung

Perspektiven der NATO-Osterweiterung

Der Madrider NATO-Gipfel, bei dem Polen, Tschechien und Ungarn zur Mitgliedschaft eingeladen wurden, hat einen Überlebenskampf, den die Allianz seit der Auflösung des Warschauer Paktes von 1991 führen mußte, vorerst erfolgreich abgeschlossen. Im Zentrum der Überlebensstrategie der Allianz stand dabei die Osterweiterung. Um sie ranken sich zahlreiche politische Mythen. Wer den aktuellen politischen Prozeß begreifen und im weiteren Verlauf konstruktiv auf ihn einwirken will, muß sich zunächst mit diesen Mythen auseinandersetzen.

Der "Öffnungs"-Mythos

Von sich selbst malt die NATO gerne das Bild eines Klubs demokratischer Staaten, der höflich die Tür aufmacht, wenn jemand anklopft, sofern dieser nur einige Voraussetzungen erfüllt: Demokratie, Achtung von Menschen- und Minderheitsrechten und friedliches Zusammenleben mit den Nachbarn. Dieses idyllische Klub-Bild hat mit der Realität nur sehr wenig zu tun. Am Ausgangspunkt der Erweiterungsgeschichte stand nämlich eher ein Angebots- als ein Nachfrageproblem. Die Vereinigten Staaten haben das Interesse, über die NATO weiter politischen Einfluß in Europa zu behalten und mit der NATO über einen militärischen Brückenkopf zu verfügen, um ihre geostrategischen Interessen im Nahen Osten und auf der Südhalbkugel der Erde vertreten zu können.

August 1997

Sie haben etwa 4% des Textes gelesen. Um die verbleibenden 96% zu lesen, haben Sie die folgenden Möglichkeiten:

Artikel kaufen (1€)
Digitalausgabe kaufen (10€)
Anmelden

Aktuelle Ausgabe September 2025

In der September-Ausgabe plädiert Lea Ypi für eine Migrationsdebatte im Sinne der Aufklärungsphilosophie. Cinzia Sciuto fordert, der zunehmenden Aushöhlung des Völkerrechts mit einer entschiedenen Verteidigung desselben zu begegnen – und nicht mit Resignation und falschem Realismus. Für Georg Diez markieren die Kriegsverbrechen in Gaza und die fehlenden Reaktionen darauf einen Epochenbruch; sie stünden für nicht weniger als den Verrat des Westens an der Humanität. Herfried Münkler analysiert, wie Kriege historisch endeten und Friedenszeiten begannen und was das mit Blick auf den Ukrainekrieg bedeutet. Simone Schlindwein deckt auf, wie Russland junge Afrikanerinnen mit falschen Versprechen für die Kriegswirtschaft rekrutiert. Warum die grüne Digitalisierung ein Mythos ist und was der KI-Boom den Globalen Süden kostet, erläutern Ingo Dachwitz und Sven Hilbig. Und Eva-Maria Klinkisch sowie Markus Rieger-Ladich zeigen auf, wie Long Covid-Betroffene von der Gesellschaft und dem Gesundheitssystem systematisch ignoriert werden – und was dagegen zu tun ist. 

Zur Ausgabe Probeabo

Weitere Artikel zum Thema

Die neue Merz-Doktrin?

von Jürgen Trittin

Jahrzehntelang durfte in keiner Grundsatzrede eines deutschen Politikers in Regierungsverantwortung der Satz fehlen: „Wir setzen auf die Stärke des Rechts statt auf das Recht des Stärkeren.“ Doch das war einmal. Bundeskanzler Merz‘ lautstarkes Räsonieren über den Krieg Israels gegen den Iran markiert den Bruch mit dieser Tradition.

Eigennutz statt Solidarität

von Klaus Seitz

Etwa eine Milliarde Euro weniger als im vergangenen Jahr steht dem Bundesentwicklungsministerium 2025 zur Verfügung. Doch nicht nur der Spardruck macht der Entwicklungszusammenarbeit zu schaffen, auch die strategische Neuausrichtung gefährdet ihre Zukunftsfähigkeit.

Besser als ihr Ruf: Die europäische Afrikapolitik

von Roger Peltzer

Schon unter Angela Merkel hat der afrikanische Kontinent in der deutschen Bundesregierung große politische Aufmerksamkeit erfahren. Die Ampelregierung setzt diesen Kurs fort: Seit seinem Amtsantritt reiste Bundeskanzler Olaf Scholz jedes Jahr nach Afrika.