Ausgabe Dezember 1997

Von Kohl zu Schäuble

Auf dem 9. Parteitag der CDU ist mehr bewegt worden als Papier und Leitanträge. Das herausragende Ereignis war auch nicht das Nachwort Helmut Kohls, er wünsche sich, daß Schäuble einmal Kanzler werde. Auch ohne diese öffentliche Salbung war es kein Geheimnis, wer einmal der Erbe Kohls sein werde, sollte die CDU nach ihm noch den Kanzler stellen. Was den Parteitag in der politischen und Ideengeschichte der CDU bedeutsam macht ist ein anderer Vorgang. Der Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion hat in einer großen, in Form, Sprache und Rhetorik gelegentlich an römische Vorbilder (Cicero) erinnernden Rede die Position der CDU in der politischen Landschaft neu markiert und begründet: als "Partei der Hoffnung, des Optimismus und der Zuversicht "auf eine gute Zukunft. 1)

Bisher bestand das konservative Muster, auf das allein die CDU sich freilich nie eingrenzen ließ, eher darin, die guten Zeiten irgendwo in der Vergangenheit zu suchen und in der Gegenwart den Niedergang zu beklagen: den Verfall der Sitten und der Gemeinschaft, der Werte und der Wirtschaft. Dagegen hat sich das progressive und sozialdemokratische Denken über all die Jahre hinweg dadurch empfohlen, den Weg und die Reformen für eine bessere Zukunft zu kennen. Mit uns zieht die neue Zeit, darauf reimte sich einmal die Hymne einer alten Arbeiterpartei. Heute ist ihr, so scheint es, die Zukunft abhanden gekommen.

Dezember 1997

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