"Ein konkreter Schritt vorwärts ist mir lieber als hundert Programme".
So ungefähr hat es einmal Karl Marx formuliert. Was ihn freilich nicht davon abhielt selbst immer wieder Programme zu schreiben oder aber verabschiedete Programme mit bissigen Randglossen zu überschütten - wer erinnert sich nicht seiner berühmten Randglossen zum Gothaer Programm der Sozialdemokratie. Programme führen ein eigenartiges "Leben". Werden sie formuliert, dann wachen die Mitglieder-Organisationen auf für die sie formuliert werden. Sie streiten sich um jedes i-Tüpfelchen, denn die zukünftige "Beschlußlage" soll ja ihren Handlungen eine Perspektive verleihen die Organisation gegenüber anderen abgrenzen, sie identifizierbar machen. Ist das Programm dann erst einmal formuliert, dann wird es den Weg seiner Vorgänger gehen, und das heißt, daß es in den untersten Schubladen der Hauptamtlichen landet. Bestenfalls dient es dann noch als Quellenmaterial politologischer Hausarbeiten. Oder es wird wieder herausgeholt, wenn im Richtungsstreit über ein konkretes Politikproblem ein Teilnehmer, dem nun wirklich nichts mehr einfällt, zu seinen Gunsten auf "die Beschlußlage" meint verweisen zu müssen. Das Programm als wohlfeile Fliegenklatsche zur Verhinderung des innerorganisatorischen Diskurses.